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Forschung

Killerzellen zu Verbündeten machen

Dagmar Gotthardt, Molekularbiologin mit Spezialgebiet Immunzellen in der Krebsforschung, beschäftigt sich mit natürlichen Killerzellen und wie diese aufmerksam und angriffig bleiben. Nach eineinhalb Jahren als Projektleiterin in einem Start-up kehrte sie 2019 in die akademische Forschung zurück und ist seit Dezember 2023 neue Assistenzprofessorin am Zentrum für Biologische Wissenschaften.

Dagmar Gotthardt: Killerzellen zu Verbündeten machen
Foto: Thomas Suchanek/Vetmeduni

Dagmar Gotthardt ist Assistenzprofessorin im Fachbereich Pharmakologie und Toxikologie.

Natürliche Killerzellen, die erste Eingreiftruppe des angeborenen Immunsystems, haben es Dagmar Gotthardt angetan. Sie schwimmen mit dem Blutstrom durch den Körper und finden Zellen, die gestresst sind oder sich auffällig verhalten. Diese können sie erkennen und selbst eliminieren. Zudem alarmieren sie über Botenstoffe das lernende Immunsystem.

In ihr Spezialgebiet Krebsforschung innerhalb der Immunologie ist die gebürtige Wienerin über ihre Diplomarbeit „reingerutscht“ und hat es nie mehr gewechselt: „Ich beschäftige mich damit, wie NK-Zellen für die Therapie von Krebs, der das Immunsystem ja manipuliert und unterläuft, alert bleiben und stimuliert werden können.“

Das Umfeld ihrer Forschung veränderte die Molekularbiologin jedoch mehrfach: Sie arbeitete in Schweden, Deutschland und den USA, als Projektleiterin in einem biomedizinischen Start-up und an verschiedenen Universitäten. 2020 war sie eine von zehn Fellows in Europa, die für das renommierte Translational Research Training in Hematology ausgewählt wurden, durchgeführt von der Europäischen und der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie. 

Was NK-Zellen fit hält

Die neue Assistenzprofessorin im Fachbereich Pharmakologie und Toxikologie verfolgt mit ihrem Team mehrere Ansätze, um die körpereigene Abwehr wachzuhalten oder zu reaktivieren. Als Therapie könnte das schonender sein als von außen in ein fortgeschrittenes Krebsgeschehen einzugreifen.

Zum einen untersucht und beschreibt sie natürliche, aber auch durch äußere Faktoren beschleunigte Alterungsprozesse der NK-Zellen anhand von Mausmodellen, Zelllinien und frisch isolierten NK-Zellen aus Blutspenden. Zudem vernetzt sie sich mit den Spezialkliniken an der Vetmeduni, um die translationale Forschung rund um die Immuntherapie mit T-Zellen und NK-Zellen voranzutreiben. Diese werden bereits an Patienten verabreicht, doch schwächt sich die Wirkung rasch ab. „Wenn wir verstehen, warum das etwa in der Maus passiert, können wir daraus vielleicht Rückschlüsse auf die Mechanismen in anderen Tierarten und im Menschen ziehen.“ Sie hat zudem an NK-Zelltumoren gearbeitet, einer sehr seltenen, aber umso fataleren Krebsform. 

Praxisnahes Lernen und moderne Vorbilder

Als die heute 36-Jährige mit dem Studium an der Universität Wien begann, hatte sie wenige Vorbilder für ihr künftiges Arbeitsprofil noch für die Vereinbarkeit von Familie und Forschung. Sie war unentschlossen, ob sie Biologie, Jus oder Wirtschaftswissenschaften belegen soll, bis ihre Eltern sie aufforderten, „das Fach zu studieren, das am meisten Spaß macht“. Das Fundament wurde bei ihr im naturwissenschaftlichen Zweig der AHS gelegt, von einem Biologieprofessor, der sie begeisterte.

Sie selbst unterrichtet aktuell in verschiedenen Studiengängen und bemüht sich sehr um zeitgemäße Lernformate, wie Blended Learning und den Flipped Classroom. Darüber hinaus möchte sie den Forschungsalltag lebensnah zeigen und den Stoff mit Laborübungen und praktischen Beispielen auflockern.

Einen typischen Arbeitstag kennt Dagmar Gotthardt nicht, aber genau das liebt sie. Bei der Arbeit im Labor hat sie jedenfalls immer das Gefühl, etwas bewirkt und erreicht zu haben. Die Freude an selbstbestimmter Forschung, eine gute Portion Ehrgeiz, die sich in etlichen Auszeichnungen widerspiegelt, und ein fordernd-förderndes Umfeld – etwa in Gestalt ihrer langjährigen akademischen Mentorin Veronika Sexl – nennt sie als entscheidend für ihre Karriere. Entsprechend ist ihr die Frauenförderung und das Aufbrechen von Schubladendenken in der Wissenschaft selbst ein großes Anliegen.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich viel verändert. Die biomedizinische Start-up-Szene wächst und während ihrer Postdoc-Zeit an der University of California San Francisco lernte die Mutter eines Sohns „viele verschiedene Leute und Lebenssituationen kennen, weniger konservative Modelle, wie man es schaffen kann, in Arbeit und Familie präsent zu sein“. Aus ihrer Zeit bei Austrianni, einem Start-up, das Therapeutika gegen Tuberkulose entwickelt, hat sie sich einen nützlichen Tunnelblick bewahrt, der ihre Ideenfülle auf die klinisch-therapeutische Nutzbarkeit scannt. 

alle Fotos: Thomas Suchanek/Vetmeduni

Text: Astrid Kuffner

Der Beitrag ist in VETMED 02/2024 erschienen.