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Forschung
Bodenbrüter: Satellitendaten vereinfachen die Qualitätsanalyse von Nistplätzen
Im Alter ab acht bis zehn Monaten fangen Kleinkinder an, zwischen einem interessanten Objekt und einer anderen Person hin- und herzublicken.
Bestände von Bodenbrütern, u.a. Rebhühner (Perdix perdix), nehmen ab. Maßnahmen zur Überwachung des Bruterfolgs sind daher angezeigt. Wie können wir möglichst effizient erfassen wo Nistplätze erhöhten Risiken, wie zum Beispiel Prädation, ausgesetzt sind? Dieser Frage ging eine im „European Journal of Wildlife Research“ erschienene Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien nach. Untersucht wurde dafür die Wahrscheinlichkeit eines Nestraubs. Außerdem fanden die Forscher:innen Hinweise dazu, dass Vögel in mitteleuropäischen Agrarlandschaften selbst die gefährlichsten Nesträuber sein könnten.
Satellitengestützte Messungen der Habitatstruktur sind genauso gut wie lokal von Wissenschafter:innen erfasste Daten, um den Raub (Prädation) an künstlichen Nestern vorherzusagen – so lautet die zentrale Erkenntnis der nun veröffentlichten Studie. Hintergrund der Analyse ist eine besorgniserregende Entwicklung: Die Zahl der am Boden nistenden Vögel ist in ganz Europa drastisch zurückgegangen. Die Verschlechterung der Lebensraumstruktur in landwirtschaftlich genutzten Gebieten ist dafür einer der Hauptgründe. Denn die Habitatstruktur ist nicht nur für die Bereitstellung von Nahrung und geeigneten Mikroklimata von entscheidender Bedeutung, sondern schränkt auch die Nesträuberei ein.
Kostengünstige, zeitsparende und zuverlässige Alternative
Die Bewertung der Lebensraumstruktur durch eine:n Wissenschafter:in vor Ort war in der Vergangenheit die gängigste Methode zur Ermittlung von Gebieten mit geringem Nestraub. Sie ist jedoch aus zeitlichen, finanziellen und logistischen Gründen nur begrenzt anwendbar. Fernerkundungsdaten, die beispielsweise von einem Satelliten aufgezeichnet werden, können diese Probleme lösen. Ein Maß für die „Grünheit“ eines Gebiets ist der normalisierte Differenzvegetationsindex (NDVI), der mit der Lebensraumstruktur korreliert. Die NDVI-Daten stehen weltweit kostenlos für interessierte Nutzer:innen zur Verfügung.
Satellitenmessungen liefern gleich gute Ergebnisse wie lokal erfasste Daten
Zur Validierung der Satellitenmessung führten die Forscher:innen ein Experiment mit künstlichen Nestern durch. Der Versuch lief über drei Jahre (2019, 2020, 2023) in Baden bei Wien, um die Beziehung zwischen NDVI und Nesträubern in einer Agrarlandschaft zu testen. „Dabei verglichen wir, ob der NDVI die Nesträuberei ebenso gut vorhersagen kann wie lokal erfasste Bodenbedeckung oder Vegetationshöhe. Unsere Ergebnisse belegen, dass eine spezielle Kombination an Monatswerten des NDVIs bei der Vorhersage von Nesträuberei gleich gute Ergebnisse bringt“, so Studien-Erstautor Shane D. Morris vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Vetmeduni.
Vögel als Nest-Räuber
Die Wahrscheinlichkeit eines Nestraubs nahm mit höheren NDVI-Werten ab, was auf bessere Lebensraumstrukturen hindeutet. Das wird durch die Feststellung gestützt, dass die Prädationswahrscheinlichkeit mit zunehmender Bodenbedeckung – eine lokal erfasste Variable – abnahm. Zusätzlich gewannen die Wissenschaftler:innen eine weitere, spannende Erkenntnis, wie Studien-Letztautorin Claudia Bieber, Leiterin des FIWI, berichtet: „Grund für weiterführende Studien ist, dass wir in offenen Gebieten wie freien Feldern, eine hohe Prädation auf die Gelege gefunden haben. Da Marder und Füchse sehr gezielt Randstrukturen bevorzugen, um auf Beutezug zu gehen, könnte dies ein wichtiger Hinweis sein, dass hier Vögel wesentliche Prädatoren sind.“ Insgesamt zeige die Studie laut Bieber, dass satellitengestützte Messungen der Habitatstruktur ein großes Potenzial haben.
Der Artikel „Satellite-derived measures of habitat structure perform as well as locally recorded measures in predicting predation on artificial nests in central European agricultural landscapes“ von Shane D. Morris, Larissa Bosseler, Aldin Selimovic und Claudia Bieber wurde in „European Journal of Wildlife Research“ veröffentlicht.
Rückfragehinweis
Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Claudia Bieber
Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI)
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
Claudia.Bieber@Vetmeduni.ac.at