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Universität

Sechs Hände gegen Krebs – drei DOC-Fellows im Interview

Gleich drei DOC-Fellows werden in den kommenden zwei Jahren am Department für Biomedizinische Wissenschaften an neuen Hebeln für Krebstherapie und -früherkennung arbeiten. Im Interview sprechen sie über ihre Motivation und wie sie das anerkannte und hoch kompetitive DOC-Fellowship-Programm der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unterstützt.

Grundlagenforschung leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Mechanismen von Krebserkrankungen und bildet die Basis für die Entwicklung von Therapien. Foto: Thomas Suchanek/Vetmeduni

VETMED: Sie arbeiten im Rahmen des DOC-Fellowships der Österreichischen Akademie der Wissenschaften alle drei in der Krebsforschung. Wie stellen Sie sich Krebs eigentlich vor, wenn Sie im Labor wichtige Puzzlesteine zum Verständnis der Krankheit und künftiger Therapien entwickeln?

Melanie Allram: Die Statistiken sprechen für sich – trotz immenser Verbesserungen in der Behandlung verlieren immer noch zahlreiche Menschen ihr Leben auf Grund schwerwiegender Krebserkrankungen. Darin finde ich meine Antriebskraft. 

Myint Myat Khine Aung: Krebs ist für mich wie eine Maschine in einer Fabrik, die eine Fehlfunktion hat. Die Zellen wachsen unkontrolliert und das beeinflusst die normale biologische Funktion. Diese fehlgesteuerte Maschine bewirkt, dass die falschen Produkte produziert und weitere Prozesse gestört werden, was sich auf den gesamten Körper auswirkt. Wir müssen diese Maschine stoppen und reparieren. Das macht mich gedanklich wohl zur Chefmechanikerin.

Jonatan Kendler: Krebs ist eine höchst komplexe Krankheit. Mit meiner Arbeit im Labor versuche ich, einen Beitrag zum Verständnis und zu zukünftigen Therapien zu liefern. Ich arbeite an einer Krebsart, die besonders Kinder betrifft. Diese Tatsache macht mir einmal mehr die Dringlichkeit bewusst, bessere Therapielösungen zu finden. 

Ohne auf die Details einzugehen, wollen wir die Bandbreite der Forschung beleuchten. Welches Tool, welchen spezifischen Ansatz verwenden Sie?

Kendler: Ich arbeite mit verschiedenen Mausmodellen, mit denen wir die Tumorentstehung unter unterschiedlichen Voraussetzungen besser untersuchen können. 

Allram: Ich arbeite an sogenannten Fusions-Onkoproteinen. Viele Forschende versuchen die Frage zu beantworten, was diese besonderen Proteine innerhalb einer Zelle verändern. Ich will wissen, mit welchen Bestandteilen von Zellen die Fusions-Onkoproteine zusammenspielen, um die Entstehung von Leukämie zu begünstigen. 

Aung: Ich arbeite unter anderem mit Mäusen an einer seltenen, aber aggressiven Krebsform. Wir haben am Institut ein erstes robustes Mausmodell für STAT5BN642H-induzierte γ-δ-T-Zell-Lymphome entwickelt und werden mittels Gen-Editing, also dem Werkzeug CRISPR-Cas9, molekulare Abhängigkeiten erforschen. Wir entfernen schrittweise verschiedene Gene und schauen, ob die Krankheit noch ausbrechen kann. Im Umkehrschluss erfahren wir so hoffentlich, welche Gene für die Krebsentstehung essenziell sind.

Sie verfolgen mit Unterstützung des DOC-Programms Ihr Doktorat. Ein wichtiger Schritt in einer Forschungskarriere. Warum haben Sie sich für die Grundlagenforschung entschieden?

Aung: Grundlagenforschung schafft das Fundament für das Verständnis der Mechanismen von Krebserkrankungen. Erst wenn man diese Mechanismen identifiziert hat, kann man gezielt Therapien entwickeln. Für mich geht das in die richtige Richtung: von der frühen Diagnose über das Management der Krankheit bis hin zur Behandlung. 

Kendler: Die Grenzen von Grundlage und Anwendung sind fließend. Wir machen Forschung, die jemandem zu einer besseren Behandlung verhelfen kann – auch wenn es bis dahin vielleicht noch Jahre dauert. 

Allram: Die Beiträge der Grundlagenforschung zur Entwicklung von neuen Therapieansätzen, die dringend gebraucht werden, werden oft nicht gesehen. Mir als Wissenschafterin erlaubt das DOC-Fellowship kreativ zu sein, biologische Prozesse von Grund auf verstehen zu lernen und Ideen zu verfolgen, selbst wenn diese anfangs oft mit Misserfolgen verbunden sind.

Wo spüren Sie persönlich die Vorteile des DOC-Fellowships? 

Allram: Bei diesem prestigeträchtigen und kompetitiven Programm dabei zu sein, verschafft mir mehr Zeit für meine Forschung – sonst ein limitierender Faktor. 

Aung: Die finanzielle Unterstützung gibt mir mehr Zeit, um mein Projekt zu beenden und möglichst gute Resultate zu bekommen. Ein weiterer Vorteil ist sicher das Netzwerk aus Gleichgesinnten. Wir besuchen Seminare und Konferenzen mit anderen und ehemaligen Fellows.

Kendler: Wir hatten hier das erste Mal in der Karriere die Möglichkeit, ein Proposal für unsere Forschung zu schreiben und Funding für ein eigenes Projekt zu bekommen.

Allram: Ein erster Schritt in Richtung Unabhängigkeit.

Aung: Einmal im Monat gibt es zudem ein Get-together, die „Happy Hour“, die im Sommer am Biotop am Campus stattfand. Da können wir über die guten und die schlechten Zeiten im PhD sprechen. Glücklicherweise sprechen wir nicht nur über die Arbeit …

Steckbrief: Melanie Allram

Name des Projekts: 
The Role of RNAs in biomolecular condensation of leukemia fusion oncoproteins
Gruppe: Institut für Medizinische Biochemie
Betreuer: F. Grebien
Studium: Bachelor und Master an der FH Campus Wien in Molekularer Biotechnologie

Steckbrief: Jonatan Kendler

Name des Projekts:
Unraveling the interplay of CDK6 and STAT5B in NPM/ALK-driven transformation to define therapeutic vulnerabilities 
Gruppe: Institut für Pharmakologie und Toxikologie 
Betreuerin: K. Kollmann 
Studium: Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU)

Steckbrief: Myint Myat Khine Aung

Name des Projekts: 
Untersuchung von Krankheitsmechanismen und Identifizierung therapeutischer Angriffspunkte in neuartigen präklinischen Modellen für STAT5B-induzierte γ-δ-T-Zell-Lymphome 
Gruppe: Institut für Medizinische Biochemie
Betreuerin: H. Neubauer
Studium: Integrated Masters an der University of Glasgow in Immunologie

Interview: Astrid Kuffner

alle Fotos: Thomas Suchanek/Vetmeduni


Das Interview ist in VETMED 03/2023 erschienen.


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