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Krebs bei Katzen und Menschen: Assistenzprofessorin Heidi Neubauer im Portrait

06.03.2024: Die gebürtige Südaustralierin Heidi Neubauer forscht als Assistenzprofessorin am Zentrum für Biologische Wissenschaften der Vetmeduni. In der Krebsforschung nimmt sie den JAK-STAT-Signalweg bei Katzen und Menschen in den Fokus und fragt künftig auch nach geschlechtsspezifischen Unterschieden.

Heidi Neubauer promovierte 2017 in Biochemie an der Universität Adelaide, Australien. In Ihrer Doktorarbeit forschte sie am Zentrum für Krebsbiologie in Adelaide an der Identifizierung von Mechanismen der Zelltransformation und neuartigen Funktionen von onkogenen Proteinen. 2017 wechselte sie als Postdoc in das „Functional Cancer Genomics Lab“ von Richard Moriggl, wo sie ab 2019 ihr eigenes Team leitete. Heidi Neubauer arbeitete intensiv mit dem sogenannten „JAK-STAT-Signalweg“, der wie eine Relaisstation Signale aus dem Äußeren in die Zelle leitet und dort Veränderungen der DNA und Proteinexpression einleitet. Im gesunden Organismus ist Zellwachstum ein limitierter, stark regulierter Prozess. Wenn er dereguliert ist, wird er zu einem Kernprozess der Krebsentstehung.

Protein bei Katzen und Menschen

Heidi Neubauers Gruppe arbeitet zum „STAT5B“-Protein, dessen Mutation eine zentrale Rolle bei aggressiven Krebserkrankungen des lymphatischen Systems spielt. T-Zell-Lymphome (Non-Hodgkin-Lymphom) sind selten, haben aber eine schlechte Prognose – es gibt kaum Behandlungsmöglichkeiten. Wenige Patient:innen bedeuten wenig Probenmaterial und kaum Möglichkeiten für klinische Studien. Doch hier spielt die Verankerung an der Vetmeduni ihre Vorteile aus. In Zusammenarbeit mit Pathologie und Katzenklinik wurde dieselbe STAT5B-Mutation in einem häufigen Darmtumor bei Katzen identifiziert. Wer in der komparativen Onkologie molekulare Mechanismen versteht, hat die Chance, neue Therapieoptionen für Felidae und Menschen auszuloten. Ein Ansatz wäre, das mutierte Protein durch neue Wirkstoffe zu blockieren oder hemmen. Heidi Neubauer beschäftigt sich mit den „Downstream-Effekten“ des mutierten Proteins. Im Idealfall lassen sich Folgewirkungen mit bereits für andere Krankheiten zugelassenen Wirkstoffen hemmen. Das würde die Therapieentwicklung beschleunigen.

Durch ihre neue Position als Assistenzprofessorin kann sie ihre Forschung noch unabhängiger vorantreiben und längerfristig planen. Künftig will sie auch geschlechtsspezifische Unterschiede in den Fokus nehmen: „Sowohl die Inzidenz von als auch die Mortalität durch Blutkrebserkrankungen unterscheiden sich häufig bei Männern und Frauen. Bisher wurde wenig geforscht, um diese Unterschiede wirklich zu verstehen. Diese Forschung kann uns auch Aussagen über die geschlechtsspezifische Immunität ermöglichen, denn Blutzellen sind ein wichtiger Teil der Immunabwehr. Wir glauben, dass wir neue wichtige Regulationsmechanismen gefunden haben.“

2022 erhielt Heidi Neubauer vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) eine Projektförderung zur Unterstützung ihrer Forschung über myeloproliferative Neoplasmen. Neubauer wurde u.a. viermal mit dem „Young Scientist of the Year“ Award der Vetmeduni sowie mit dem Forschungspreis der Royal Adelaide Hospital Medical Staff Society und dem "David Walsh Prize" der Australia and New Zealand Society for Cell and Developmental Biology ausgezeichnet. Sie ist u.a. Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO), der European Hematology Association (EHA) sowie der Australischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (ASBMB).

Heidi Neubauer im Talk:

Was hat Sie 2017 dazu bewegt, von „Down under“ nach Österreich zu wechseln?

Neubauer: In erster Linie war es die wissenschaftliche Gemeinschaft hier in Wien, die erstklassige Forschung zu den spezifischen Themen betreibt, die ich für mein Postdoc-Training vertiefen wollte. Zusätzlicher Bonus war, dass Wien eine wunderschöne Stadt ist. Zudem wollte ich schon immer Deutsch lernen, da die Familie meines Vaters ursprünglich aus Deutschland stammt.


Wieso haben Sie sich für eine Karriere in der Medizinischen Biochemie entschieden?  Was interessiert Sie an der Krebsforschung am meisten?

Neubauer: Selbst als Bachelorstudentin wusste ich damals noch nicht wirklich, was ich beruflich machen wollte. Allerdings fand ich Biologie- und Chemiekurse schon immer interessant, und als ich die Gelegenheit erhielt, ein Laborpraktikum in Biochemie am Forschungsinstitut "Centre for Cancer Biology" in Adelaide, Australien, zu absolvieren, war ich sofort begeistert. Mich fasziniert die Komplexität der Biochemie und wie zelluläre Moleküle perfekt zusammenarbeiten, um die Bausteine des Lebens zu schaffen. Ebenso komplex sind die Wege, wie diese Prozesse bei Krebserkrankungen gestört werden. Dies zu erforschen, um potenzielle neue Behandlungen gegen Krebs zu finden, ist sehr erfüllend.


Sie waren Teilnehmerin des Förderprogramms VetWoman. Welche Erfahrungen haben Sie während dieser Weiterbildung gemacht und inwiefern hat Ihnen die Teilnahme in Bezug auf Ihren Karriereweg geholfen?

Neubauer: Die Teilnahme an VetWoman war eine fantastische Erfahrung. Durch die verschiedenen Seminare, Coachings und Mentoring-Sitzungen, habe ich wertvolle Fähigkeiten in den Bereichen Führung und Management, Kommunikation sowie Networking erworben. Zudem bin ich nun gut mit meinen Mentor:innen und den anderen Teilnehmer:innen vernetzt, was meiner Karriere sehr zugute gekommen ist. 


Sie bezeichnen sich selbst als „academic working mum“. Wie schaffen Sie es, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen? Was würden Sie anderen berufstätigen Müttern in der Wissenschaft raten, um diesen Balanceakt zu schaffen?

Neubauer: Es ist definitiv nicht immer einfach, die Balance zu finden! Für mich standen vor allem die Entwicklung starker Organisations- und Zeitmanagementfähigkeiten sowie der Aufbau eines Netzwerks im Mittelpunkt, um beide Aspekte erfolgreich zu bewältigen. Mein Ratschlag: Wir sollten nicht allzu anspruchsvoll mit uns selbst sein und nicht das Unmögliche erwarten.


2022 erhielten Sie vom FWF (Österreichischer Wissenschaftsfonds) eine Projektförderung zur Unterstützung Ihrer Forschung zu myeloproliferativen Neoplasien. Was hat sich seit Projektbeginn getan? Gibt es bereits erste Ergebnisse?     

Neubauer: Das ist ein spannendes Projekt, an dem derzeit zwei Doktorand:innen arbeiten. Wir haben ein neues Mausmodell entwickelt, um die Mechanismen dieser seltenen, aber unheilbaren Blutkrebserkrankungen besser zu verstehen. Unsere jüngsten Ergebnisse liefern neue Einblicke darüber, was einige der starken geschlechtsspezifischen Unterschiede verursacht, die bei der Inzidenz und Sterblichkeit der Patient:innen beobachtet werden.    
 

Was machen Sie als erstes, wenn sie morgens am Campus/in Ihrem Labor/Büro ankommen?

Neubauer: Ich mache mir Kaffee!


Welche Aktivitäten unternehmen Sie gerne mit (oder auch ohne) Ihrer Familie in Ihrer Freizeit?

Neubauer: Sofern das Wetter schön ist, unternehme ich mit meiner Familie gerne eine Radtour. Zudem koche und backe ich öfter und höre Musik.


Haben Sie einen Lieblingsort/ein Lieblingsplätzchen am Vetmeduni Campus, wenn ja, wo befindet sich dieser?

Neubauer: Einen bestimmten Lieblingsplatz habe ich nicht. Aber mir gefällt wirklich, wie grün der Unicampus ist, und ich genieße es, über das Gelände zu spazieren.


Heidi Neubauer über ihre Teilnahme am VetWoman-Programm der Veterinärmedizinischen Universität Wien

(Stand 2020)


Ein ausführliches Portrait von Heidi Neubauer lesen Sie demnächst in der kommenden Ausgabe des VEMTED Magazins.


alle Fotos: Thomas Suchanek/Vetmeduni