Springe zum Hauptinhalt

12.08.2024: Die Natur ist ein reicher Quell für medizinische Wirkstoffe. Ein großer Teil davon ist bislang aber unerforscht. Mit Caripe 8 identifizierte nun ein von der Veterinärmedizinischen Universität Wien geleitetes Forschungsteam einen bislang unbekannten, neuen Wirkstoff. Gefunden wurde das potenzielle Krebsbehandlungsmittel in der Brechwurzel (Carapichea ipecacuanha), einer in den tropischen Regenwäldern Süd- und Mittelamerikas heimischen Pflanze. Laut den Forscher:innen zeigt die Substanz eine doppelte Wirkung: Das pflanzliche Peptid unterstützt die Aktivität der natürlichen Killerzellen und wendet sich gleichzeitig direkt gegen Krebszellen.

Zyklotide sind makrozyklische Pflanzenpeptide und bieten im Vergleich zu anderen Peptiden eine außergewöhnliche Resistenz gegen enzymatischen, chemischen oder thermischen Abbau. In der Vergangenheit wurden Zyklotide aufgrund ihrer krebshemmenden Eigenschaften erforscht, da sie die Apoptose (Zelltod) in Tumorzellen auslösen. Die Auswirkungen von Zyklotiden auf natürliche Killerzellen (NK-Zellen) wurden aber bisher nur unzureichend erforscht.

Zyklotide und natürliche Killerzellen – eine spannende therapeutische Paarung

In ihrer soeben erschienenen Studie untersuchte nun ein von der Vetmeduni geleitetes Wissenschaftsteam in einem interdisziplinären Kollaborationsprojekt mit der Medizinischen Universität Wien genau diesen Forschungsansatz, der laut Studien-Erstautorin Julia List vom Zentrum für Biologische Wissenschaften der Vetmeduni aus mehreren Gründen attraktiv ist: „Natürliche Killerzellen spielen eine wichtige Rolle, um infizierte, gestresste und transformierte Zellen abzuwehren. Außerdem benötigen NK-Zellen keine vorherige Sensibilisierung und agieren antigenunabhängig, was ein großes Potenzial auf dem Gebiet der Immuntherapie darstellt.“

Neuer Wirkstoff Caripe 8 richtet sich erfolgreich gegen verschiedene Tumorziele

Um die Wirkung von immunmodulatorischen Zyklotiden auf NK-Zellen zu analysieren, untersuchten die Wissenschaftler:innen verschiedene mit Peptiden angereicherte Pflanzenextrakte hinsichtlich ihrer NK-Zell-vermittelten Zytotoxizität. Julia List zu den Ergebnissen: „Wir stellten dabei fest, dass die aus Carapichea ipecacuanha (Brot.) L. Andersson gewonnenen Extraktproben das Tötungspotenzial von NK-Zellen gegen verschiedenste Tumorzellen erhöhen.“ Die anschließende Isolierung von verschiedenen Zyklotiden aus C. ipecacuanha-Extrakten führte zur Identifizierung des Wirkstoffkandidaten Caripe 8, der die Zytotoxizität sowohl von Maus- als auch von menschlichen NK-Zellen erhöht. Die vermehrte Abtötung wird durch die gesteigerte Degranulationskapazität der NK-Zellen erleichtert.

Vielversprechende Ergebnisse für neue immuntherapeutische Ansätze

„Darüber hinaus konnten wir eine direkte toxische Wirkung von Caripe 8 auf Tumorzellen feststellen, was auf ein doppeltes therapeutisches Potenzial in der Krebsbehandlung schließen lässt“, erklärt Studien-Letztautorin Dagmar Gotthardt vom Zentrum für Biologische Wissenschaften der Vetmeduni. Zudem liefert die Studie neue, grundsätzliche Erkenntnisse darüber, wie natürliche Peptide die Zytotoxizität von NK-Zellen beeinflussen können. Laut den Forscher:innen sind die präklinischen Ergebnisse zu Caripe 8 darüber hinaus vielversprechend für die Weiterentwicklung der derzeitigen immuntherapeutischen Ansätze.

 

Der Artikel „Boosting the anti-tumor activity of natural killer cells by caripe 8 – A Carapichea ipecacuanha isolated cyclotide“ von Julia List, Jasmin Gattringer, Sophie Huszarek, Sonja Marinovic, Heidi A. Neubauer, Petra Kudweis, Eva-M. Putz, Roland Hellinger und Dagmar Gotthardt wurde in „Biomedicine & Pharmacotherapy“ veröffentlicht.

 

Wissenschaftlicher Artikel