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28.06.2023: Zu wissenschaftlichen Zwecken verwendete Mäusespermien stammen derzeit vor allem von getöteten Tieren. Um die Tiere lebend zu beproben, untersuchte nun ein Forschungsteam der Veterinärmedizinischen Universität eine alternative Methode zur Spermiengewinnung. Die Forscher:innen kommen zum Schluss, dass sich die Nebenhodenpunktion (PESA) zwar zur Spermiengewinnung, aber nicht zur genaueren Beurteilung der Spermienqualität von Mäusen eignet. Trotzdem verspricht die Methode für viele andere Forschungszwecke ein hohes Potenzial.

Bei Labormäusen wird die Spermienqualität normalerweise anhand von Spermien beurteilt, die aus dem Nebenhoden frisch getöteter Männchen entnommen werden. Die PESA (Perkutane Epididymale Spermienaspiration) ist eine potenzielle Alternative, bei der die Spermien mit einer nur 0,3 mm dünnen Kanüle direkt aus dem Nebenhoden des narkotisierten Männchens ‚gesaugt‘ (aspiriert) werden. Die Methode ist somit minimal invasiv und würde eine wiederholte Entnahme bei lebenden Männchen ermöglichen. Sie wird erfolgreich auch beim Menschen angewendet, um Samenzellen für eine Kryokonservierung und In Vitro Fertilisation (IVF) zu entnehmen.

Um zu testen, ob PESA eine geeignete Methode zur Beurteilung der Spermienqualität ist, verglichen die Forscher:innen die Spermienmerkmale zwischen mit PESA gesammelten Proben und der konventionellen Methode, der sogenannten terminalen Nebenhodendissektion. Die gesammelten Spermienproben wurden mittels computergestützter Spermienanalyse analysiert und verschiedene Parameter – darunter Beweglichkeit, Schwimmgeschwindigkeit und Morphologie der Spermien – bestimmt. Mit beiden Methoden konnten bewegliche Spermien gewonnen werden. Allerdings waren die Beweglichkeit und die Schwimmgeschwindigkeit der Spermien bei PESA signifikant geringer. „Darüber hinaus fanden wir in PESA-Proben deutlich mehr morphologische Anomalien, also missgebildete Spermien, die wahrscheinlich ein Nebeneffekt der Probenentnahmetechnik sind. Wir können PESA deshalb nicht zur Beurteilung der Spermienqualität bei Mäusen empfehlen, da das Verfahren selbst verschiedene Spermienmerkmale zu beeinträchtigen scheint“, so Studien-Erstautor Auke Boersma vom Institut für In-vivo und In-vitro-Modelle der Vetmeduni.

Großes Potenzial in anderen Forschungsbereichen und zur Vermeidung von Tierleid

Änderungen am PESA-Protokoll, wie die Verwendung von Nadeln mit einem größeren Durchmesser, könnten laut den Forscher:innen die Ergebnisse verbessern, gingen aber auf Kosten des Tierwohls. Auch der Einsatz einer verwandten Methode, bei der ein Fellschnitt benötigt wird, könnte vielversprechend sein. Doch auch wenn sich PESA nicht zur Beurteilung der Spermienqualität eignet, hat die Methode laut den Wissenschafter:innen großes Potenzial in anderen reproduktionstechnologischen Fragestellungen, wie die Erzeugung von Nachkommen extrem wertvoller Männchen, Anwendung zu finden. Und der Einsatz von PESA wäre auch für das Tierwohl gut, wie Studien-Letztautorin Kerstin E. Auer, Gruppenleiterin am Institut für In-vivo und In-vitro-Modelle der Vetmeduni, betont: „Da es sich um die bis dato am wenigsten invasive Methode zur Spermienprobenahme handelt, kann PESA in der biomedizinischen Forschung einen wertvollen Beitrag leisten, um die Anzahl und Belastung der Versuchstiere zu reduzieren.“

 

Der Artikel „The impact of percutaneous epididymal sperm aspiration (PESA) on sperm quality in mice“ von Lisa Windhofer, Auke Boersma, Maik Dahlhoff, Thomas Rülicke und Kerstin E. Auer wurde in „Reproduction and Fertility“ veröffentlicht.

Wissenschaftlicher Artikel