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Aufgedeckt: Neue Ansatzpunkte zur besseren Behandlung von Leukämie

19.09.2023: Einer der Forschungsschwerpunkte der Veterinärmedizinischen Universität Wien liegt auf der Erforschung der Leukämie und der Identifizierung neuer Ansatzpunkte für Therapien. Eine internationale Forschungsgruppe unter Leitung der Vetmeduni liefert nun wichtige Erkenntnisse zum Wirkstoff Venetoclax. Dieser ist seit 2021 für Erwachsene mit einer neu diagnostizierten akuten myeloischen Leukämie (AML) zugelassen. Allerdings reagieren viele Patient:innen nicht auf Venetoclax und es kommt schnell zu einer Resistenzentwicklung. Wie man dem entgegenwirken könnte, zeigt die soeben in Nature Communications veröffentlichte Studie.

Der BCL-2-Inhibitor Venetoclax ist ein vielversprechendes Mittel zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML). Viele Patient:innen reagieren jedoch nicht auf Venetoclax und es kommt schnell zu einer Resistenzentwicklung. ATP-bindende Transporter (ABC) – das sind Membrantransporter-Proteine (Carrier), die Moleküle aus der Zelle hinaustransportieren – vermitteln Resistenzen gegen Chemotherapeutika, ihre Rolle im Zusammenhang mit BCL-2-Inhibitoren war bisher jedoch unklar.

ABCC1 und Glutathion-Stoffwechsel limitieren die Wirksamkeit von Venetoclax

Mithilfe eines sogenannten CRISPR/Cas9-Screenings stellte das Team der Wissenschafter:innen nun fest, wie man die Wirksamkeit von Venetoclax in Krebszellen erhöhen könnte. Dabei identifizierten sie das ABC Transporter-Protein ABCC1, das bereits aus bisherigen Studien als Resistenzfaktor gegen eine Reihe von Wirkstoffen bekannt ist. Darüber hinaus entdeckten sie, dass die Verstoffwechslung des Eiweißstoffs Glutathion die Wirksamkeint von Venetoclax beeinflußt. Das Tripeptid Glutathion ist in nahezu allen Zellen des menschlichen Körpers in hoher Konzentration enthalten und gehört zu den wichtigsten als Antioxidans wirkenden Stoffen. Dazu Jessica Ebner vom Institut für Medizinische Biochemie der Vetmeduni: „Der Verlust von ABCC1 führt zu einer stark erhöhten Empfindlichkeit von AML-Zellen gegenüber Venetoclax. Die genetische und pharmakologische Inaktivierung von ABCC1 verstärkt die antileukämische Wirkung von BCL-2-Inhibitoren und resensibilisiert Venetoclax-resistente Leukämiezellen auf diese Behandlung.“ „Umgekehrt induziert die Überexpression von ABCC1 eine Resistenz gegen BCL-2-Inhibitoren, indem sie die intrazellulären Arzneimittelspiegel senkt. Hohe ABCC1-Spiegel lassen daher auf ein schlechtes Ansprechen der Patient:innen auf die Venetoclax-Therapie schließen. Die Hemmung des Glutathion-Stoffwechsels erhöht hingegen die Wirksamkeit von BCL-2-Inhibitoren“, so Johannes Schmoellerl vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien.

Strategien zur Überwindung der Venetoclax-Resistenz

Dass ABCC1- und Glutathion-Metabolismus als Mechanismen wirken, welche den Effekt von BCL-2-Inhibitoren einschränken, könnte den Weg für die Entwicklung wirksamerer Therapien ebnen: „Unsere Studie deutet darauf hin, dass sich ABCC1 als funktioneller Biomarker für das Ansprechen von AML-Zellen auf Hemmer der BCL-2-Familie erweisen könnte. Weiters legen unsere Ergebnisse nahe, dass die Beeinflussung der ABCC1-Funktion oder des Glutathion-Stoffwechsels sinnvolle Strategien sind, um Venetoclax-Resistenz zu überwinden“, so Florian Grebien. Er ist Leiter des Instituts für Medizinische Biochemie der Vetmeduni und seit Frühjahr 2023 auch Principal Investigator an der St. Anna Kinderkrebsforschung. Laut Grebien unterstreichen die Daten zudem, dass Membrantransporter als vielversprechende Interventionspunkte zur Verbesserung der Wirksamkeit von niedermolekularen Inhibitoren bei Leukämie und darüber hinaus dienen könnten.
 

Der Artikel „ABCC1 and glutathione metabolism limit the efficacy of BCL-2 inhibitors in acute myeloid leukemia“ von Jessica Ebner & Johannes Schmoellerl, Martin Piontek, Gabriele Manhart, Selina Troester, Bing Z. Carter, Heidi Neubauer, Richard Moriggl, Gergely Szakács, Johannes Zuber, Thomas Köcher, Michael Andreeff, Wolfgang R. Sperr, Peter Valent und Florian Grebien wurde in „Nature Communications“ veröffentlicht.

Wissenschaftlicher Artikel