10.03.2021: Hüftdysplasien zählen zu den häufigsten orthopädischen Erkrankungen bei Hunden. Je früher diese erkannt werden, umso eher und besser können die Tiere behandelt werden. Eine aktuelle Studie mit Rottweilern des österreichischen Bundesheeres der Vetmeduni untersuchte nun, ab wann eine sichere Früherkennung möglich ist. Demnach kann bei diesen Tieren bereits ab der 35. Lebenswoche eine Hüftdysplasie diagnostiziert werden.
Die Hüftdysplasie (HD) bei Hunden ist eine multifaktorielle Erkrankung, die in der Jugend durch eine gesteigerte Beweglichkeit (Lockerheit) im Hüftgelenk mit nachfolgenden Arthrosen gekennzeichnet ist. Üblicherweise erfolgt die Diagnose der HD nach Abschluss des Skelettwachstums, meist mit 12 Monaten, bei sehr großen Rassen auch später. Die Früherkennung dieser vermehrten Lockerheit des Hüftgelenks und der daraus resultierenden HD, ist generell ein wichtiges Thema in der Kleintierorthopädie, denn sie ermöglicht vor allem ZüchterInnen, aber auch AusbilderInnen von Arbeitshunden (z. B. Blindenführhunde, Polizeihunde etc.) eine frühzeitige Selektion, hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Tiere für ihre späteren Aufgaben. Ebenso ermöglicht die frühe Erkennung der Veranlagung zur HD unter Umständen ein therapeutisches Einschritten, welches die Schwere der Erkrankung reduziert und/oder die Entwicklung von Arthrosen vermindert.
Dies hat zur Folge, dass sich weltweit zahlreiche Forschungsgruppen mit Methoden beschäftigt haben, die schon beim jungen Hund eine Früherkennung der HD ermöglichen. Primär handelt es sich bei diesen Methoden um die Kombination von orthopädischen Untersuchungsverfahren und einer speziellen radiologischen Diagnostik. Die veröffentlichte Literatur beschreibt dabei größtenteils, dass es schon im Alter von 4-5 Monaten recht zuverlässig möglich ist, die Wahrscheinlichkeit einer späteren HD zu ermitteln.
Internationale Bewertungsmethoden zur Früherkennung von Hüftdysplasie
In der vorliegenden Studie wurde nun eine Gruppe von Rottweilern des österreichischen Bundesheeres untersucht. Die Tiere wurden im Alter von vier, acht und 12 Monaten an der Veterinärmedizinischen Universität Wien vorgestellt, um den Zusammenhang der Ergebnisse von klinischen orthopädischen Untersuchungen und der finalen internationalen Bewertungsmethode der Fédération Cynologique Internationale (FCI) für Hüftdysplasie im Alter von 12 Monaten darzustellen.
Bei den Hunden wurden bei jedem der Untersuchungszeitpunkte drei verschiedene orthopädische Tests (Ortolani, Bardens, Barlow) durchgeführt, die bei erhöhter Lockerheit des Hüftgelenks positiv sind. Zusätzlich wurden im Rahmen dieser Tests verschiedene Winkel gemessen, die eine quantitative Beurteilung der Lockerheit des Gelenks zulassen (Subluxations- und Reduktions-Winkel). Im Alter von 12 Monaten folgte die Endbeurteilung anhand eines zusätzlichen FCI Röntgens. Mittels verschiedener statistischer Verfahren wurde dann überprüft, ob die Untersuchungsergebnisse mit vier und acht Monaten eine Voraussage auf den HD-Grad mit 12 Monaten ermöglichen.
Ergebnisse
Studien-Letztautor Masoud Aghapour (Kleintierchirurgie der Vetmeduni Vienna) fasst die Ergebnisse der Studie so zusammen: „Vor allem zwei der verwendeten Methoden, nämlich der Ortolani-Test und die Höhe des Reduktionswinkels lassen im Alter von acht Monaten eine gute Voraussage des späteren HD Grades zu. Allerdings konnten wir bei den Rottweilern im Alter von vier Monaten noch keine verlässliche Aussage in Bezug auf die FCI-Ergebnisse treffen.“ Dieses Ergebnis deckt sich nicht völlig mit den bisher publizierten Studien, was an verschieden Faktoren liegen kann. Hierbei weist Erstautorin Britta Vidoni (Kleintierchirurgie, Vetmeduni) darauf hin, dass in dieser Studie nur relativ wenig Tiere untersucht wurden, und nur einige wenige Tiere letztlich eine schwere HD entwickelten. Insbesondere dieser Umstand könnte dazu geführt haben, dass mit vier Monaten keine statistisch signifikante Aussage getroffen werden konnte. Dennoch war bei den Hunden, die mit 12 Monaten eine HD-Grad C oder schlechter aufwiesen, bereits mit vier Monaten eine eindeutige Tendenz in den Untersuchungen darstellbar.
Diese Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zum Thema Hüftdysplasie: Die frühzeitige Diagnose einer vermehrten Lockerheit des Hüftgelenks bei Welpen würde es TierärztInnen ermöglichen, vorbeugende Verfahren zur Behandlung der Krankheit oder zur Verringerung der Schwere der HD im Alter anzuwenden. Diese Verfahren würden die Lebensqualität der Hunde verbessern, das Auftreten von Arthrosen vermindern und so auch daraus folgende Behandlungskosten senken. Zudem ist diese Erkenntnis für ZüchterInnen und AusbilderInnen nicht uninteressant – sie ermöglichen eine frühzeitige Selektion von Zucht- und Arbeitstieren und verbessern so sowohl die Qualität der Zucht- als auch der Arbeitshunde.