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STAT5 Transkriptionsfaktoren wirken sich im braunen Fett positiv gegen die Fettleibigkeit aus
08.07.2020: Es klingt paradox und es erinnert an Star Wars: Braunes Fett wirkt gegen weißes Fett. Konkret ist das sogenannte braune Fettgewebe ein möglicher Ansatzpunkt im Kampf gegen Übergewicht. Am Weg hin zu einer Therapie, welche sich die positiven Eigenschaften des braunen Fettgewebes zunutze machen könnte, sind ForscherInnen der Vetmeduni Vienna nun entscheidenden molekularen Ursachen auf die Spur gekommen. Die WissenschafterInnen beschrieben mechanistische und genetische Zusammenhänge der STAT5 Transkriptionsfaktoren auf Stoffwechselvorgänge im braunen Fett und deren Auswirkung auf den Stoffwechsel von Säugern im Allgemeinen.
Übergewicht und die damit assoziierte Typ 2 Diabetes als entscheidende negative gesundheitliche Folge, als auch das mit einhergehende erhöhte Krebsrisiko von Übergewichtigen stellen ein immer größeres medizinisches und volkswirtschaftliches Problem dar. Vor allem in Zeiten der COVID-19 Pandemie kristallisieren sich Übergewicht und Typ 2 Diabetes entscheidend negativ in Bezug auf eine erhöhte Mortalität der Betroffenen heraus. In Österreich sind laut WHO (World Health Organization) 54% der Erwachsenen übergewichtig; davon werden ~ 20% als adipös eingestuft (WHO, Stand 2016). Während genetische und endokrine Defekte nur eine geringe Zahl umfassen, ist der Hauptgrund für Sekundärerkrankungen auf verminderte Bewegung oder Überernährung zurückzuführen, was zu einem Kalorienüberschuss führt. Die Erhöhung des Energieverbrauchs durch Aktivierung der Thermogenese (Wärmebildung) von braunem Fettgewebe ist ein spannender Ansatz, um Fettleibigkeit entgegenzuwirken. Um auf dieser Grundlage Therapien zu entwickeln, ist es jedoch wichtig, die molekularen Mechanismen zu verstehen, welche die Funktionen des braunen Fettgewebes steuern.
Braunes Fettgewebe erhöht den Energieverbrauch
Im Unterschied zu weißem Fett, kann braunes Fettgewebe Thermogenese betreiben. Verantwortlich dafür sind eine hohe Dichte an Mitochondrien und die Expression des Proteins UCP1 (Uncoupling protein 1), welches in der Mitochondrienmembran lokalisiert ist. Denn UCP1 besitzt die Fähigkeit, die mitochondriale Atmungskette von der ATP-Produktion zu entkoppeln und dadurch Energie in Form von Hitze freizusetzen, was zu einer Erhöhung des Energieverbrauches führt. Braunes Fett kann vor allem während Kältestimulation oder durch Behandlung mit β3-adrenergen Agonisten aktiviert werden. Durch chronische Stimulation ist auch eine Umgestaltung von weißem zu „braun-ähnlichem“ Fett möglich und genau dies wurde an der Vetmeduni Vienna in Kooperation mit verschiedenen Arbeitsgruppen studiert.
Erstmaliger Nachweis der thermogenen Wirkung von STAT5
Einige Mitglieder des zentralen JAK (Janus kinase) – STAT (signal transducer and activator of transcription) Signalweges wurden bereits in Verbindung mit der Regulation des Fettgewebes gebracht, aber wer was und wie genau aktiviert oder abschaltet blieb bislang ungeklärt. Besonders das Protein STAT5 ist während der Entwicklung von Fettzellen aktiv und es ist zudem ein wichtiger Regulator im Fettstoffwechsel von weißem Fett, was in früheren Arbeiten von Forschergruppen der Vetmeduni Vienna gezeigt werden konnte. Es war jedoch noch nicht bekannt, ob STAT5 ebenfalls für die Funktion des thermogenen, braunen Fettgewebes wichtig ist. Im Rahmen ihrer in der führenden Fachzeitschrift Molecular Metabolism vorgestellten Studie konnte die Forschungsgruppe für Funktionelle Krebsgenomik von Richard Moriggl an der Vetmeduni Vienna nun erstmals zeigen, dass STAT5 für die Funktionalität und die Adrenalin-vermittelte (β-adrenerge) Reaktionsfähigkeit von thermogenem Fettgewebe wesentlich ist. STAT5 nimmt somit eine zentrale Rolle im Fettstoffwechsel ein. Die mitochondrialen Vorgänge konnten in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Elena Pohl von der Vetmeduni Vienna aufgeklärt werden.
STAT5 nötig für Temperaturerhaltung
Konkret fanden die ForscherInnen heraus, dass genetisch veränderte Mäuse, denen STAT5 im Fettgewebe spezifisch fehlt, eine höhere Sensitivität gegenüber Kälte aufweisen und die Mobilisierung von Lipiden aus dem braunen Fettgewebe blockiert ist. Darüber hinaus war die mitochondriale Atmung von primär differenzierten braunen Adipozyten ohne STAT5 vermindert. „Wir konnten zeigen, dass die erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Kältestress bei STAT5-Mangel mit einer verringerten Expression des thermogenen Schlüsselproteins UCP1 verbunden war, während die verringerte Lipidmobilisierung auf eine verringerte Aktivität des β-adrenergen Signalweges zurückzuführen war. Zudem ist die Umgestaltung des weißen Fettgewebes zu braunem Fettgewebe nach einer chronischen β3-adrenergen Stimulation, in Mäusen denen STAT5 im Fettgewebe fehlte, verringert“, so die beiden Erstautorinnen Doris Kaltenecker und Katrin Spirk vom Institut für Tierzucht und Genetik.
Inaktivierung von STAT5 als mögliche Therapie bei Stoffwechselerkrankungen
Mit der nun vorliegenden Studie gelang der erste Nachweis, dass STAT5 für die β-adrenerge Reaktionsfähigkeit des braunen Fettgewebes entscheidend ist. STAT5 ist nicht nur wichtig für die Mobilisierung von freien Fettsäuren im Gewebe um die Thermogenese und mitochondriale Atmung zu erhöhen, sondern bestimmt ebenfalls die Kapazität des β-adrenergen induziertem „browning“ von weißem Fett. Dazu die Erstautorinnen: „Diese neuartigen Erkenntnisse über die Anforderungen von STAT5 an die Physiologie von thermogenem Fett und seine Rolle im Lipidstoffwechsel können den Weg für zukünftige Studien ebnen, in denen untersucht wird, wie sich die Inaktivierung von STAT5 auf die Ergebnisse von Stoffwechselerkrankungen im Zusammenhang mit Fettleibigkeit auswirkt.“ Gerade im Einsatz von STAT5 Inhibitoren in der Krebsforschung, bei Infektionskrankheiten oder chronischen Entzündungen sind diese Erkenntnisse in der Grundlagenforschung auf translationaler Ebene von besonderer Bedeutung. Diese physiologischen Einblicke in komplexe Stoffwechselvorgänge sind im Hinblick auf die Entwicklung von klinisch relevanten neuen JAK-STAT5 Inhibitoren, die im Labor von Richard Moriggl (https://moriggllab.com/) mit Hochdruck verwirklicht werden, von zentraler Bedeutung.