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Kakadus bauen Modelle in Farbe und Größe aus dem Gedächtnis nach
04.11.2020: Ob Tiere Objekte nach einer bestimmten Vorlage aus dem Gedächtnis anfertigen können, ist bisher kaum erforscht. KognitionsbiologInnen der Universität Kalifornien, Los Angeles (U.S.), der Universität Wien, der Universität Bristol (GB), der Universität Auckland (NZ) sowie der Veterinärmedizinischen Universität Wien um Isabelle Laumer und Alice Auersperg (Messerli Forschungsinstitut), haben die Fähigkeit, Vorlagen aus dem Gedächtnis nachzubauen, bei Kakadus untersucht.
Welche Form haben die Ohren eines Fuchses? Die meisten Menschen stellen sich daraufhin imaginär einen Fuchs vor, bevor sie diese Frage beantworten. Wir Menschen können uns komplexe Dinge durch mentale Bilder und Simulation vorstellen und diese aus dem Gedächtnis reproduzieren, zum Beispiel wenn wir eine Skizze aus dem Gedächtnis nachzeichnen oder einen komplexen Ablauf mental simulieren. Doch wie erforscht man diese Fähigkeit bei Tieren, die uns ja nicht durch Sprache mitteilen können was sie denken und fühlen? Hier sind erfahrene KognitionsbiologInnen gefragt.
In der Forschung mit Tieren wird zwischen der Fähigkeit Bilder oder Objekte wiederzuerkennen und dem sogenannten Recall, dem aktiven Reproduzieren einer Information aus dem Gedächtnis, unterschieden. Die letztere Fähigkeit ist bisher wenig untersucht. Man weiß bereits, dass sich Rhesusaffen die Formen von zweidimensionalen Objekten merken können und auf einem Touchscreen durch Anklicken von Feldern in einem Gitternetz, diese auch nachkonstruieren können. Doch wie gut können das andere Tiere außer Primaten?
Kognitionsbiologin Isabelle Laumer und KollegInnen haben nun diese Fähigkeit bei einer indonesischen Kakadu Art, dem Goffin Kakadu, untersucht. Obwohl die Vögel freier Wildbahn Werkzeuge nicht routiniert gebrauchen, sind sie in der Lage, Werkzeuge zu verwenden und sogar selbst herzustellen. Diese, im Tierreich seltene Fähigkeit, haben sich die ForscherInnen zu Nutze gemacht und einen ausgeklügelten Test entwickelt.
„Die Vögel wurden zunächst dafür belohnt, Papierstücke aus einem viereckigem Tonpapier durch aufeinanderfolgende Bisse entlang der Kantenlinie zu stanzen und den Streifen anschließend in ein Behältnis zu legen, um dafür eine Stück Cashewnuss zu erhalten“, erzählt Isabelle Laumer, die die Studie durchführte. „Dann wurden vorgefertigte Papierstreifen in zwei unterschiedlichen Farben am Tisch verteilt, wobei nur eine Farbe belohnt wurde. Nachdem die Vögel dies verstanden hatten, konnten sie am Test teilnehmen. Nun konnten die Kakadus zwischen verschieden farbigem viereckigem Tonpapier auswählen und entschieden sich spontan dafür, das Papierstück in der gleichen Farbe wie die zuvor belohnte Vorlage zu fertigen“, so Laumer weiter.
Doch können die Kakadus auch die Größe einer Vorlage aus dem Gedächtnis nachbauen? Hierzu wurden die Kakadus in zwei Gruppen geteilt und mit vorgefertigten, kurzen und langen Papierstreifen aus Tonpapier trainiert. Den Einen wurde beigebracht, nur die kurzen Streifen auszuwählen und in das Behältnis abzulegen, wohingegen die anderen Vögel auf lange Streifen trainiert wurden. Im Test wurden ihnen dann wieder ein viereckiges Tonpapier zur Streifenanfertigung gegeben. „Interessanterweise fertigten die Kakadus kurze Papierstreifen, wenn sie zuvor für das Auswählen von kurzen Streifen belohnt wurden und lange Streifen, wenn sie zuvor mit langen Vorlagen belohnt wurden. Und sie wechselten flexibel zum Anfertigen der jeweils anderen Vorlage, als wir im Anschluss daran die jeweils andere Streifenlänge vor dem Test belohnten“, erzählt die Kognitionsbiologin. „In den Tests wurden die Tiere nur noch zufallsartig belohnt, um ihnen kein Feedback zu geben und das Herstellen der Streifen erfolgte in Abwesenheit der Vorlage. Das heißt, die Kakadus mussten sich an die Farbe oder die Länge bei der Anfertigung des Streifens erinnern.“
In einem dritten Experiment wurden die Tiere vor die Aufgabe gestellt eine L-Form nachzubauen. Hier zeigten allerdings nur zwei Kakadus Ansätze diese Form anzufertigen, ihre Streifen waren generell breiter als bei dem vorherigen Längentest. „Auf Grund ihrer Stanztechnik und der Ergonomie ihres Schnabels, ist es für die Goffins sehr schwierig, geformte Objekte herzustellen. Dennoch zeigten die Tiere Unterschiede bei der Herstellung des Papierobjekts. Dreimal knickten sie spontan den Streifen bevor sie ihn einführten, so dass er durch das Knicken eine Art L-Form erhielt“, erklärt Alice Auersperg, Letztautorin und Leiterin des Goffin Labs am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni Vienna. Bisher wurde die Fähigkeit, Vorlagen in Größe und Farbe nachzubauen nur bei Neukaledonischen Krähen erfolgreich getestet. Die zu den Rabenvögeln gehörenden Vögel, verwenden routiniert Werkzeuge und stellen diese auch selbst her, um nach schmackhaften Larven, die in Holzlöchern verborgen sind, zu angeln. „Da die Kakadus auch die Fähigkeit besitzen, Objekte in Farbe und Größe nachzubauen, scheint diese Fähigkeit nicht nur bei routinierten Werkzeug-gebrauchenden Vögeln vorzukommen“, so Auersperg.
Video
Goffin Kakadus während des Tests
Bildbeschreibung (Foto siehe rechts oben): a) Training in Vorbereitung für den Test mit Vorlagen in unterschiedlicher Farbe. b) Training in Vorbereitung für den Test mit Vorlagen in unterschiedlicher Größe. c) Im Test stanzen die Goffin Kakadus längliche Papierstreifen aus einem viereckigem Tonpapier. Dies geschieht durch aufeinanderfolgende Bisse entlang der Kantenlinie. d) Danach legen die Kakadus den gefertigten Streifen in das große Behältnis um eine Belohnung im kleinen Behältnis zu erhalten. (Fotos von Bene Croy)