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Vorteilhafte Mutationen im Überfluss
01.03.2019: Die genetische Architektur von Anpassungsprozessen ist trotz ihrer grundlegenden Bedeutung noch immer weitgehend unverstanden. Ein Team von Forschenden der Vetmeduni Vienna konnte nun jedoch anhand von Fruchtfliegen einen Teil des Schleiers lüften. Sie konnten zeigen, dass viele Gene zur Anpassung beitragen können, jedoch nur ein Teil von ihnen wirklich beteiligt sind (genetische Redundanz).
Nicht erst seit der Klimaerwärmung ist es von großem Interesse zu verstehen, wie sich Populationen an neue Umweltbedingungen anpassen. Es wird zwar davon ausgegangen, dass an den meisten Anpassungen viele Gene beteiligt sind, doch die meisten bisher molekular charakterisierten Anpassungen beruhen auf einem oder wenigen Genen. Über diese Diskrepanz wurde viel gerätselt, doch blieb sie weitgehend unverstanden.
Labormodell: Genetische Anpassung an unterschiedliche Temperaturen
Um mehr Licht in diesen für die Evolution hochinteressanten Bereich zu bringen, verwendete ein Forschungsteam der Vetmeduni Vienna die Methode der experimentellen Evolution. Ziel war es, in Fruchtfliegen (Drosophila simulans) die Anpassungsprozesse unter genau kontrollierten Laborbedingungen zu studieren. Dazu wurden die Fruchtfliegen über einen Zeitraum von 60 Generationen einer heißen Umwelt (bis 28°C) ausgesetzt und die genetischen Veränderungen wurden mit den neuesten Sequenziermethoden verfolgt. Im Gegensatz zu vorangegangenen Studien konnten die Autoren nachweisen, dass viele Gene an der Anpassung beteiligt sind. Eine besondere Überraschung war dabei, dass in parallel durchgeführten Experimenten jeweils andere Kombinationen an Genen zur Anpassung beigetragen haben. Die Erstautorin Neda Barghi folgert aus diesen Ergebnissen „Fruchtfliegen besitzen mehr Möglichkeiten sich an neue Umweltbedingungen anzupassen, als sie im konkreten Fall brauchen“. Experten nennen diese Beobachtung genetische Redundanz.
Anpassung künftiger Teststrategien erforderlich
Diese Studie mit Fruchtfliegen stellt nicht nur für die theoretische Evolutionsbiologie einen Meilenstein dar, sondern hat auch konkrete Auswirkung auf Studien, die Anpassungsprozesse in natürlichen Populationen nachweisen wollen. „Üblicherweise werden Selektionssignaturen, die parallel sind, also in mehreren Populationen gefunden werden, als besonders zuverlässig erachtet“ erklärt Christian Schlötterer vom Institut für Populationsgenetik. „Doch unsere Studie zeigt, diese Vorgehensweise gründlich überdacht werden muss um ein vollständiges Bild der Anpassungsprozesse zu bekommen“.