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Wenn Gänse die Heizung "zurückdrehen": Vögel optimieren Energieverbrauch mit Körpertemperatur und Herzschlagrate
01.02.2018: Freilebende Graugänse passen ihre Körpertemperatur und Herzschlagrate an die jahreszeitlichen Erfordernisse an und optimieren so ihre Energiebilanz. Diese Forschungsergebnisse publizierte Walter Arnold von der Vetmeduni Vienna gemeinsam mit Claudia Wascher und Kurt Kotrschal von der Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien aktuell in Scientific Reports. Im Winter "sparen" die Tiere ihre Energiereserven, um diese dann vor allem in die Fortpflanzung zu "investieren".
Mit einer relativ konstanten Körpertemperatur halten Säugetiere und Vögel Körper und Gehirn auf "Betriebstemperatur". Dies verbraucht erhebliche energetische Ressourcen. So fallen kleinere Säugetiere und sogar manche Vögel in Kältestarre, den sogenannten Topor. Ähnliche Reaktionen sind auch von größeren Säugetieren bekannt: Hirsche oder Steinböcke etwa reduzieren Herzschlagrate und Körpertemperatur in Anpassung an Nahrungsknappheit und Kälte im Winter und somit ihren Energiebedarf. Es war aber bislang fraglich, ob und wie dies Vögel machen.
Um die Frage der Regulation von Stoffwechsel und Verhalten bei Vögeln im Jahresverlauf zu klären, wurden 25 Gänsen mit bester tierärztlicher Praxis Messgeräte implantiert, welche kontinuierlich bis zu 18 Monate Herzschlagrate und Körper-Kerntemperatur registrierten. Obwohl die Gänse über das gesamte Jahr ad libitum, also nach Belieben, gefüttert wurden, lagen die höchsten Körpertemperaturen und Herzschlagraten nur im Zeitraum von Frühling bis in den Herbst, die niedrigsten im Winter.
Die Tagesmittelwerte der Herzschlagraten lagen im Winter immerhin 22 Prozent unter denen der Sommerwerte. Die Körpertemperatur war im Schnitt zwar bloß um ein Grad geringer als im Sommer, aber viele Individuen senkten sie in Winternächten noch wesentlich stärker ab. Niedrige Herzfrequenz, d.h. niedrige Stoffwechselrate, ging immer einher mit niedrigerer Körpertemperatur. Weitere Einflussgrößen waren die Tageslänge, Wetterbedingungen (Temperatur, Niederschlag) sowie Reproduktion und sozialer Status. So wurden an brütenden Weibchen, aber auch an Jungtiere führenden Elterntieren beiderlei Geschlechts besonders hohe Herzschlagraten gemessen.
"Wir konnten so erstmals zeigen, dass im Gegensatz zu bisherigen Annahmen nicht primär das Nahrungsangebot die Physiologie, Stoffwechsel und energetische Regulation dieser Vögel steuert, sondern vor allem der jahreszeitliche Lichtrhythmus", erklärt Walter Arnold vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie. Die individuelle Feinregulierung wird allerdings von Wetter, sozialer Situation und anderen Faktoren beeinflusst.
"Mit dem besseren Verständnis der umweltabhängigen Feinregulierung von Physiologie und Verhalten der Vögel zeigt sich, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen Säugetieren und Vögeln in diesen Regulationsmechanismen geblieben sind, trotz ihrer erheblicher stammesgeschichtlichen Distanz", so Kurt Kotrschal von der Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien.
Partnermeldung der Universität Wien und Vetmeduni Vienna; Textquelle: Alexandra Frey/Universität Wien