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Säugetiere legen in der Kulturlandschaft kürzere Strecken zurück
25.01.2018: Im Durchschnitt gehen Säugetiere in stark vom Menschen veränderten Landschaften zwei- bis dreimal kürzere Strecken als in naturnahen, oder Wildnisgebieten. Diese Ergebnisse wurden heute von einem internationalen Team unter Mitwirkung der Vetmeduni Vienna und Leitung des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und der Goethe-Universität Frankfurt, in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. Es ist das erste Mal, dass dieses Thema auf globaler Ebene und für viele verschiedene Arten gleichzeitig untersucht wurde. Die AutorInnen betonen, dass diese Ergebnisse weitreichende Folgen für Ökosysteme und damit auch für die Gesellschaft haben können.
Die meisten Säugetiere sind täglich unterwegs, auf Nahrungssuche, um einen Partner zu finden oder auf der Suche nach einem Unterschlupf. Einige größere Säugetiere, wie z.B. Zebras, wandern in der Regel über längere Distanzen, während kleinere Säugetiere, wie Hasen, in der Regel kürzere Strecken zurücklegen. Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat nun gezeigt, dass das Ausmaß dieser Wanderbewegungen in vom Menschen veränderten Landschaften stark reduziert ist. In intensiv vom Menschen genutzten Gebieten legen Säugetiere nur halb bis ein Drittel der Entfernungen zurück wie sie es in naturbelassenen Gebieten tun.
Analysen mit Hilfe von Daten in einer globalen Datenbank
In dieser Studie verglichen Tucker und 114 KoautorInnen, unter ihnen auch Petra Kaczensky vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna, die Bewegungsdaten von 803 Individuen von 57 Säugetierarten aus der ganzen Welt. Dazu nutzten sie das Datenportal Movebank, welches weltweite Bewegungsdaten von ForscherInnenn archiviert. "Bei unserer Studie sind die Daten ganz verschiedener Tierarten eingeflossen. Unter anderem wurden auch die Daten unserer Forschung über die Bewegungen von Wildeseln in der mongolischen Steppe erfasst“, sagt Kaczensky. Die ForscherInnen verglichen diese Daten dann mit dem Human Footprint Index der Gebiete, durch welche die Tiere wanderten. Dieser Index misst, wie stark ein Gebiet durch menschliche Aktivitäten wie Infrastruktur, Siedlungen oder Landwirtschaft verändert wurde.
Menschlicher „Fußabdruck“ beeinträchtigt Wildtierzug signifikant
Über einen Zeitraum von 10 Tagen legen Säugetiere in Gebieten mit einem vergleichsweise hohen menschlichen Fußabdruck, wie z.B. einer typischen deutschen Agrarlandschaft, nur die Hälfte bis ein Drittel der Entfernung zurück, die ihre Artgenossen in natürlicheren Landschaften zurücklegen. Sieht man sich ihre Bewegungen allerdings über kürzere Zeiträume an, fällt ein solch verändertes Verhalten nicht auf. Dies bedeutet, dass der menschliche Fußabdruck das Wanderverhalten von Säugetieren über längere Zeiträume beeinflusst, nicht jedoch ihre kurzzeitigen Bewegungen.
"In einigen dieser Gebiete könnte aufgrund der menschlichen Gegenwart mehr Nahrung zur Verfügung stehen, so dass die Tiere nicht so große Entfernungen zurücklegen müssen. Darüber hinaus können Landschaftszerschneidung und Infrastruktur-bedingte Barrieren Säugetierbewegungen einschränken“, sagt Koautor Dr. Thomas Müller vom Senckenberg Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrum und der Goethe-Universität Frankfurt.
Mögliche Auswirkungen auf Ökosysteme
Die ForscherInnen sind besorgt, dass die reduzierten Wanderstrecken der Wildtiere Ökosystemfunktionen beeinflussen könnten, die von Tierbewegungen abhängen. "Es ist wichtig, dass Tiere auch über weite Strecken wandern können, weil sie dabei wichtige ökologische Funktionen, wie zum Beispiel den Transport von Nährstoffen und Saatgut zwischen verschiedenen Gebieten, übernehmen. Darüber hinaus begegnen sich bei diesen Wanderungen verschiedene Tierarten und ermöglichen so Wechselwirkungen innerhalb von Nahrungsnetzen. Wenn Säugetiere nur mehr geringere Wanderdistanzen zeigen, könnte dies also Konsequenzen für die Funktionalität von Ökosystemen haben", sagt Erstautorin Marlee Tucker.