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Forschung
Verhaltensforschung: Neue Erkenntnisse zu Stressreaktionen der Prinzessin von Burundi
Aquarienfreund:innen ist die ostafrikanische Buntbarschart Neolamprologus pulcher als Prinzessin von Burundi geläufig. Wissenschaftlich dient sie im Tiermodell häufig zur Erforschung des Verhaltens – die Veterinärmedizinische Universität Wien zählt hier weltweit zu den führenden Institutionen. Eine Forschungsgruppe um das Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) untersuchte nun, wie die Blockade der Glukokortikoidrezeptoren auf Stress und Verhalten wirkt. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Physiology & Behavior“ veröffentlicht.
Konkret gingen die Forscher:innen der Frage nach, ob die sogenannte Stressachse bei der sozialen Buntbarschart Neolamprologus pulcher mit Verhaltensflexibilität in Verbindung steht. Zu diesem Zweck blockierten die Wissenschafter:innen die Glukokortikoidrezeptoren (GR) von erwachsenen N. pulcher pharmakologisch, indem sie einen GR-Antagonisten minimalinvasiv verabreichten. Die Hintergründe dafür erläutert Studien-Erstautor Stefan Fischer vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni: „Glukokortikoidrezeptoren (GR) sind wichtige Vermittler der Stressreaktion. Die GR-Blockade verhindert die Erholung nach einem Stressereignis, von dem wir annahmen, dass es die Verhaltensflexibilität beeinträchtigt.“ Nach der Verabreichung des GR-Antagonisten wurden die Fische wiederholt einem Raubtier ausgesetzt und ihre Verhaltensflexibilität anhand einer Umwegaufgabe getestet. Dabei mussten die Fische einen neuen, längeren Weg zum Unterschlupf finden, wenn der kürzeste Weg blockiert war.
Veränderte Angst-Wahrnehmung und weniger Stress-Erholung reduzieren die Verhaltensflexibilität
Während sich die Zeit zum Auffinden des Unterschlupfs bei den Fischen die einen GR-Antagonisten verabreicht bekamen und einer Kontrollgruppe ohne GR-Antagonisten nicht unterschied, zeigten die Fische mit GR-Blockade mehr Fehlversuche bei den Umwegaufgaben als die Kontrollfische. Darüber hinaus ging die schwache Leistung bei den Umwegaufgaben mit einer Zunahme angstbezogener Verhaltensweisen einher. „Das deutet darauf hin, dass die Blockierung von GR die Wahrnehmung von Angst verändert und zu einer verminderten Verhaltensflexibilität führt. Unsere Ergebnisse belegen daher einen möglichen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit, sich von Stressoren zu erholen, und der Verhaltensflexibilität bei N. pulcher, was sich möglicherweise auf eine effektive und adaptive Bewältigung von Veränderungen in der Umwelt auswirkt“, so Co-Autor Leonida Fusani vom KLIVV.
Eine spannende Paarung: Wie Stressreaktionen zu Verhaltensflexibilität führen
Verhaltensflexibilität spielt eine wichtige Rolle bei der Art und Weise, wie Tiere mit neuen Situationen umgehen, und physiologische Stressreaktionen sind adaptive und hocheffiziente Mechanismen zur Bewältigung unvorhersehbarer Ereignisse. „Um besser zu verstehen, wie Stress die Verhaltensflexibilität in einem natürlichen Kontext beeinflusst, nahmen wir deshalb direkte Manipulationen der Stressreaktion vor und führten kognitive Tests in ökologisch relevanten Kontexten durch, während bisherige Studien meistens nur unter Laborbedingungen durchgeführt wurden“, betont Stefan Fischer.
Der Artikel „Does the stress axis mediate behavioural flexibility in a social cichlid, Neolamprologus pulcher?“ von Stefan Fischer, Zala Ferlinc, Katharina Hirschenhauser, Barbara Taborsky, Leonida Fusani und Sabine Tebbich wurde in „Physiology & Behavior“ veröffentlicht.
Rückfragehinweis
Dr.phil.-nat. Stefan Fischer
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
Stefan.Fischer@vetmeduni.ac.at