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03.06.2022: In einer soeben in der Fachzeitschrift „Genome Biology“ erschienenen Studie präsentiert ein Forschungsteam der Vetmeduni ein neues Modell zur Messung von Pleiotropie. Die Wissenschaftler:innen zeigen in ihrer Studie, dass viele genetische Loci mit jeweils schwacher Wirkung zur genomweiten Pleiotropie beitragen. Die im Rahmen der Forschungsarbeit entwickelte neue Mess-Methode trägt zudem dazu bei, das bisher nur eingeschränkt untersuchbare Phänomen der Pleiotropie besser zu verstehen.

In der Genetik bezeichnet ein Phänotyp die Merkmale eines Organismus. An den meisten phänotypischen Merkmalen sind mehrere, oft in komplexen Beziehungen zusammenwirkende Gene beteiligt. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, dass ein Gen mehrere Merkmale beeinflusst. Das wird als Pleiotropie bezeichnet. Umstritten ist noch immer das Ausmaß der Pleiotropie, hauptsächlich aufgrund von Problemen, die sich aus unzureichenden Analysemöglichkeiten und Tests ergeben.

Neue Methode zur Messung von Pleiotropie

Um diese Einschränkungen zu überwinden, entwickelte ein Wissenschaftsteam unter der Leitung von Christian Schlötterer vom Institut für Populationsgenetik der Vetmeduni eine neue Methode, um die Pleiotropie zu messen. „Diese Methode kann über viele Phänotypen und mehrere Generationen hinweg integriert werden, wodurch sich Leistung und Aussagekraft der Methode verbessern“, so Studien-Letztautor Christian Schlötterer.

Angewandt wurde die Methode an Drosophila (Taufliegen, auch als Fruchtfliegen bekannt), die aufgrund ihrer leichten Züchtbarkeit, ihrer geringen Generationsdauer und der hohen Zahl an Nachkommen pro Generation als ideale Versuchstiere für genetische und entwicklungsphysiologische Forschungen gelten.

Fitnesskosten als experimentelle Marker für Pleiotropie

In ihrer Studie verwenden die Autor:innen experimentelle Evolution, um Pleiotropie zu messen. Wenn ein pleiotropes Gen durch Selektion häufiger wird, hat das auch Nachteile, da für andere Merkmale dies nicht vorteilhaft ist. „Unser Trick war, dass wir diese Kosten der Pleiotropie gemessen haben indem wir zwei Populationen gemischt haben, nachdem sie sich an eine neue Umwelt – bei uns eine höhere Temperatur – angepasst hatten. Die nach dem Mischen beobachteten Änderungen deuten auf Pleiotropie hin,“ erklärt Studien-Erstautorin Eirini Christodoulaki vom Institut für Populationsgenetik der Vetmeduni. „Interessanterweise tragen viele Loci mit einem geringen Effekt zu den Fitnesskosten der Pleiotropie bei,“ ergänzt Christian Schlötterer.

Die Erkenntnis, dass viele Loci mit jeweils schwacher Wirkung zur genomweiten Pleiotropie beitragen, steht im Gegensatz zu früheren Studien, die die molekularen Grundlagen der Pleiotropie charakterisierten. Als wissenschaftliche Begründung des nun beobachteten Phänomens schlagen die Forscher:innen vor, dass sich die Kosten der Pleiotropie dadurch reduzieren, dass bei der Anpassung an die neue Umwelt nur bestimmte Aspekte der Funktion des Gens verändert werden (modulare Architektur der Genexpression).

Der Artikel „Natural variation in Drosophila shows weak pleiotropic effects“ von Eirini Christodoulaki, Viola Nolte, Wei‑Yun Lai und Christian Schlötterer wurde in „Genome Biology“ veröffentlicht.
 

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