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10.08.2022: Das Spermienprotein proAKAP4 wurde bei vielen Tierarten als Marker für die Spermaqualität und die männliche Fruchtbarkeit vorgeschlagen. Eine soeben veröffentlichte Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat zum ersten Mal bei Labormäusen den Zusammenhang zwischen dem proAKAP4-Spiegel und der Spermienbeweglichkeit nach Kryokonservierung untersucht und dabei keinen Unterschied zwischen frischen und gefrorenen Proben gefunden. Die Rolle von proAKAP4 als Indikator für die Spermienqualität bleibt jedoch kontrovers. Die Studienergebnisse können prinzipiell helfen, die Anzahl der Tiere in zukünftigen Versuchen zu reduzieren.

Spermien sind hochspezialisierte Zellen mit einer einzigen Aufgabe: Der Transport des männlichen Genoms zur Eizelle und deren Befruchtung. Das Gerüstprotein AKAP4 spielt eine entscheidende Rolle für die Beweglichkeit der Spermien.  Seine Vorstufe proAKAP4 wird seit einigen Jahren als Indikator für männliche Fruchtbarkeit propagiert. In einer soeben veröffentlichten Studie untersuchte ein Team des Instituts für In-vivo und In-vitro Modelle der Vetmeduni, wie proAKAP4-Konzentration und unterschiedliche Parameter der Spermienbeweglichkeit bei Mäusen zueinander in Beziehung stehen, und wie sich das Einfrieren der Spermien (Kryokonservierung) auf diese beiden Variablen auswirkt. Zu diesem Zweck analysierten die Wissenschafter:innen Spermienproben von mehreren Mausstämmen mittels computergestützter Spermienanalyse und ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay; ein antikörperbasiertes Nachweisverfahren).

ProAKAP4 als Fertilitätsmarker

Fertilitätsmarkers werden gesucht, um die potentiell besten Tiere für die Zucht zu selektieren – oder Tiere mit schlechter Fertilität von vornherein auszuschließen. „Wir fanden eine negative Beziehung zwischen den proAKAP4-Spiegeln und einigen Parametern für die Spermienbeweglichkeit. Dieses Ergebnis war für uns überraschend, da ein positiver Zusammenhang aus der Literatur bei anderen Tierarten bekannt ist. Wir untersuchen nun in einer Aufbau-Studie, ob der proAKAP4-Spiegel eine Auswirkung auf den Befruchtungserfolg der Spermien in der In-vitro-Fertilisation hat“, so Studien-Erstautor Auke Boersma vom Institut für In-vivo und In-vitro-Modelle des Departments für Biomedizinische Wissenschaften der Vetmeduni.

Kein Einfluss der Kryokonservierung auf proAKAP4

Die proAKAP4-Spiegel in Spermienproben aus den Nebenhoden wurden durch die Kryokonservierung nicht verändert. Das belegt den Wert von proAKAP4 als potenziell zeitunabhängigen Marker für Spermienbeweglichkeit und -fruchtbarkeit. „Auch die hohe individuelle Variation der proAKAP4-Spiegel unterstützt die potenzielle Rolle von proAKAP4 als Marker für die Spermienqualität“, erklärt Studien-Letztautorin Kerstin E. Auer, ebenfalls vom Institut für In-vivo und In-vitro-Modelle der Vetmeduni.

Ergebnisse helfen, die Zahl von Tierversuchen zu reduzieren

Labormäuse sind der wichtigste Modellorganismus zur Untersuchung menschlicher Krankheiten. Denn Mäuse teilen 99 % ihrer Gene mit Menschen und deren Erforschung mit modernen genetischen Modifikationstechniken ist immer noch unverzichtbar bei der Suche nach Therapien für zur Zeit noch unheilbare Krankheiten. Die Generierung dieser Krankheitsmodelle stützt sich hauptsächlich auf Reproduktionstechniken wie Embryotransfer, Kryokonservierung von Spermien oder Embryonen und In-vitro-Fertilisation. Ein tieferes Verständnis der Prozesse, die der männlichen Fruchtbarkeit und insbesondere der Spermienfunktion zugrunde liegen, wird die Effizienz dieser Techniken weiter verbessern. Als Folge erwarten die Wissenschafter:innen, dass sich die Anzahl der erforderlichen Tiere durch die nun vorgestellten Forschungsergebnisse verringert – was dem 3R-Prinzip: Replace, Reduce, Refine entspricht, also dem Ersatz, der Reduzierung und der Verbesserung von Tierversuchen.
 

Der Artikel „Influence of sperm cryopreservation on sperm motility and proAKAP4 concentration in mice“ von Auke Boersma, Jasmin Primus, Bettina Wagner, Veronika Broukal, Lill Andersen, Barbara Pachner, Maik Dahlhoff, Thomas Rülicke und Kerstin E. Auer wurde in „Reproductive Medicine and Biology“ veröffentlicht.

Wissenschaftlicher Artikel