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Schlüsselkompetenz Selbstreguliertes Lernen
Wissenschaftliche Evidenz und neue Erkenntnisse für innovative Lehre zu schaffen, das war das Ziel des 2021 gestarteten FWF-Projekts „Selbstreguliertes Lernen in der medizinischen Ausbildung“. Ein Projektteam rund um die Psychologin Evelyn Steinberg ging der Frage nach, inwieweit selbstreguliertes Lernen ein stabiles, situations- bzw. entwicklungsabhängiges Merkmal ist.
Erfolgreiche Studierende zeichnen sich nicht unbedingt alleine durch einen hohen Intelligenzquotienten aus. Aus Studien wissen wir: Erfolgreiche Studierende haben Ziele sowie passende Strategien und die Motivation, diese Ziele zu erreichen. Sie können über die Art und Weise, wie sie lernen, nachdenken und etwas ändern, wenn es zu Problemen kommt. Sie sind also gut im selbstregulierten Lernen (SRL). Die Wissenschafter:innen führten im Zeitraum 2021 bis 2023 mehrere Studien zum selbstregulierten Lernen der Studierenden am Arbeitsplatz durch – ein Thema, dem in der Forschung bislang nur wenig Beachtung geschenkt wurde. Ein theoretisches Modell dafür zu entwickeln, war daher das erste Ziel. Auf Basis von Literaturrecherchen sowie Interviews mit Studierenden, Lehrenden und Forschenden wurden Indikatoren für erfolgreiches selbstreguliertes Lernen in den Bereichen Kognition, Motivation, Emotion sowie Wahrnehmung der Lernumgebung identifiziert.
Fragebögen und Tagebuchstudie Im zweiten Schritt entwickelte das Projektteam Erhebungsinstrumente, um die theoretischen Konstrukte mit quantitativen Methoden messen zu können. Im Zuge dessen entstand das Workplace Learning Inventory, eine Fragebogenbatterie mit kurzen Skalen zu den vier zuvor genannten Bereichen. Zusätzlich wurden entsprechende Einzelitems entwickelt und geprüft. Diese können künftig nicht nur in wissenschaftlichen Studien, sondern auch für Evaluationen oder Learning Analytics eingesetzt werden. Zudem untersuchten die Wissenschafter:innen die Stabilität und Variabilität von selbstreguliertem Lernen. Im Rahmen einer Tagebuchstudie beantworteten die Studierenden der Klinischen Rotation I im Wintersemester 2022/23 täglich Fragen zu ihrem Lernen. Die Analysen zeigen: SRL am Arbeitsplatz ist vor allem situationsabhängig. Die Lehrenden haben es also selbst in der Hand: Sie können das selbstregulierte Lernen der Studierenden mit geeigneten Aufgabenstellungen und Rahmenbedingungen direkt beeinflussen. Es gibt aber auch eine stabile Komponente im selbstregulierten Lernen. Das vierte Ziel des Projekts war, sich Entwicklungen im Laufe der Zeit anzusehen. Über den Verlauf einer Woche zeigt sich, dass das selbstregulierte Lernen der Studierenden gegen Ende der Rotationswoche abnimmt. Die Abnahme kann aber durch gute Rahmenbedingungen, wie beispielsweise gute Supervision oder Unterstützung durch das Klinikteam und die Kommiliton:innen, abgefedert werden.
„Mit diesen Studien zeigen wir, dass diese Koregulation keine Nebensächlichkeit ist, sondern ein zentraler Bestandteil erfolgreicher Lehre." Evelyn Steinberg, Vizerektorat für Lehre der Vetmeduni.
Stress und SRL am Arbeitsplatz im Fokus
Stephan Marsch verfasste im Rahmen des Projekts seine Dissertation zu Stress und selbstreguliertem Lernen am Arbeitsplatz. Er konnte zeigen, dass es unter den Studierenden der Klinischen Rotation I verschiedene Typen von Studierenden hinsichtlich ihres Stresserlebens gibt. Einige Studierende sind über alle Belastungsfaktoren hinweg gesehen grundsätzlich gestresst, andere berichten über niedrige Belastung. Dazwischen gibt es zwei Gruppen mit einem moderaten Stresslevel. Die größte Gruppe fühlt sich vor allem auf Grund von Arbeitsbelastung gestresst, die zweite Gruppe auf Grund von Unsicherheit hinsichtlich der Anforderungen. Zudem zeigen die Studienergebnisse, dass sich Stress und selbstreguliertes Lernen wechselseitig beeinflussen. Hoher Stress in der Vorwoche führt zu weniger selbstreguliertem Lernen in der Folgewoche und umgekehrt. Es lohnt sich daher, Stress zu reduzieren, um das selbstregulierte Lernen zu fördern und vice versa.
Implikationen für die Lehre
Wie können Lehrende die Studierenden beim selbstregulierten Lernen unterstützen?
• Koregulation: Lehrende geben den Studierenden Zeit und Anregungen für die Vorbereitung und Reflexion.
• Gemeinsame Rekapitulation des Gelernten zwischendurch, um zu prüfen, ob Unklarheiten bestehen.
• Möglichkeiten bieten, um über motivationale Probleme oder emotionale Herausforderungen zu sprechen sowie über mögliche Strategien, damit umzugehen.
• Berücksichtigung der individuellen Unterschiede zwischen den Studierenden bezüglich des selbstregulierten Lernens, aber auch hinsichtlich des wahrgenommenen Stresses; Überlegungen, wie sie Studierende unterstützen können.
Das gesamte Forschungsteam bedankt sich bei den beteiligten Studierenden, Lehrenden und der Universitätsleitung. Nur gemeinsam lässt sich ein solch komplexes Projekt meistern!
Projektdetails
Selbstreguliertes Lernen in der medizinischen Ausbildung
Fördergeber: FWF – Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
Projektnummer: P 33913-G
Laufzeit: 01.01.2021‒ 30.06.2024
Team von der Vetmeduni: Stephan Marsch, Takuya Yanagida, Lukas Schwarz, Ulrike Auer, Petra Bührle, Christopher Pfeiffer, Ebunoluwa Smith; von der Universität des Saarlandes: Franziska Perels, Laura Dörrenbächer-Ulrich
Weitere Informationen finden Sie hier.