Springe zum Hauptinhalt

Forschung

Florian Grebien ist Professor für Medizinische Biochemie

Florian Grebien leitet seit 2018 das Institut für Medizinische Biochemie am Campus der Vetmeduni und hält die damit verbundene Professur inne. Nun wurde er abermals zum Institutsleiter bestellt. Mit seinem Team erforscht Grebien die molekularen Mechanismen hinter der Entstehung von Leukämie. Im Fokus liegen dabei sogenannte Fusionsproteine. Forschungsziel ist es, neue Therapiemöglichkeiten für die Behandlung von Blutkrebs zu entwickeln.

Florien Grebien, Institut für Medizinische Biochemie/Vetmeduni; Foto: Michael Bernkopf/Vetmteduni

Beitrag aus 04/2019
 

Wird heute bei einem erwachsenen Menschen Blutkrebs diagnostiziert, so überleben die PatientInnen nach Feststellung der Erkrankung selten länger als fünf Jahre. Bei Kindern können die Überlebenschancen noch bei weitem geringer sein, erklärt Florian Grebien: „Darum ist es wichtig, die molekularen Mechanismen der Krebsentstehung besser zu verstehen, damit wir in der Lage sind, gezieltere Therapieformen zu entwickeln.“ Obwohl seit Einführung der Chemotherapie vor über fünfzig Jahren intensiv geforscht wird, gebe es nach wie vor noch kaum neue und wirklich effektive Therapiemöglichkeiten.

Über die Auseinandersetzung mit Entwicklungsbiologie zur Forschung an akuter myeloischer Leukämie

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems. Dabei entartet die Vorstufe eines Leukozyten (weißen Blutkörperchens), vermehrt sich unkontrolliert und stört die Produktion normaler Blutzellen. Dass er sich intensiv mit Hämatopoese, der Blutentstehung, auseinandersetzen möchte, fand Florian Grebien schon während seines Studiums für sich heraus. An der Universität Wien studierte der gebürtige Grazer Genetik und Molekularbiologie und war anfangs vor allem von Entwicklungsbiologie fasziniert: „Wie entwickelt sich ein Organismus, wie verläuft die Embryonalentwicklung, das hat mich interessiert. Daraus hat sich schließlich mein Fokus auf die Blutentstehung ergeben.“ Für seine Dissertation ging Grebien der Frage nach, wie rote Blutkörperchen entstehen und differenzieren und welche molekularen Mechanismen diese Prozesse steuern – so trägt seine Doktorarbeit den Titel „Jak-Stat signalling in erythroid development“.

Von 2008 bis 2013 arbeitete er als PostDoc am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Als besonders faszinierend ist Florian Grebien die Diversität des Forschungsteams in Erinnerung geblieben, in das er damals integriert war: „Wir waren eine Gruppe aus BioinformatikerInnen, VirologInnen, BiochemikerInnen, ich einer der wenigen Zellbiologen. In diesem Netzwerk waren wir täglich mit unterschiedlichsten Forschungsfeldern und Fragestellungen konfrontiert.“ Unter der Leitung des italienischen Molekular- und Systembiologen Giulio Superti-Furga, begann Grebien, sein Interesse an physiologischen Vorgängen der Blutdifferenzierung mit biochemischen und molekularen Vorgängen zu verknüpfen und sich vermehrt mit entarteter Blutentstehung auseinanderzusetzen, da diese oft zu Krebs führt.

Globaler Forschungsansatz

Bis heute steht die fehlgeleitete Entwicklung von Blut im Zentrum seiner wissenschaftlichen Tätigkeit: 2014 stellte Florian Grebien ein unabhängiges ForscherInnenteam am Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung in Wien zusammen – mit einem Schwerpunkt auf akuter myeloischer Leukämie (AML) und einem globalen Forschungsansatz. „Global bedeutet für uns ‘unbiased‘, sprich relativ unvoreingenommen an eine Fragestellung heranzugehen“, erklärt der Leukämie-Experte, „auf Basis funktioneller Studien wollen wir aus allen menschlichen Genen eine begrenzte Anzahl von Kandidaten identifizieren, die uns zu bislang unbekannten molekularen Schwachstellen in einer Krebszelle führen können.“ Im Gegensatz zu sehr speziellen Ansätzen könne man mit einem globalen Ansatz einfacher auf gänzlich Neues stoßen. „Mit welchen Partnern interagiert dieses eine Protein, das zur Krebsentstehung führt? Wie beeinflusst die Expression eines Gens die Gesamtheit aller 20.000 Gene? Aufgrund der erhaltenen Datensätze werden Hypothesen aufgestellt und im Zuge weiterführender Arbeiten kann man sich später spezialisieren.“ 2015 erkannte der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) Florian Grebien einen der begehrten „Starting Grants“ zu – mit 1,5 Millionen Euro wird seine Forschung an Blutkrebs noch bis im nächsten Jahr unterstützt. „Diese Förderung war ein Wendepunkt in meiner Karriere. Sie hat mir sehr viel Freiheit gegeben und mir erlaubt, in Ruhe ein Team aufzubauen und mich ganz auf die Forschung zu konzentrieren.“

Geforscht hat der 41-Jährige seit seiner Studienzeit bisher stets in Wien. Für einen Wissenschafter, der eine akademische Karriere einschlug, bildet er damit eine große Ausnahme, weiß der Zellbiologe. „Eigentlich sind wir WissenschafterInnen sehr international unterwegs – doch jedes Mal, wenn ich am Sprung war, aus Wien wegzugehen, tauchte ein spannendes Angebot hier auf.“

Fusionsproteine im Fokus

So auch 2018: Florian Grebien übersiedelte samt seines Teams und Forschungsschwerpunktes an die Vetmeduni Vienna. Anfang des Vorjahres übernahm er die Leitung des Institutes für Medizinische Biochemie, mit 1. Jänner 2019 trat er seine Professur an der Veterinärmedizinischen Universität in Vollzeit an. Wie schon am Ludwig Boltzmann Institut forscht Grebien auch hier weiter an Blutkrebs, im Fokus stehen dabei sogenannte Fusionsproteine: „Sie entstehen, wenn Chromosomen zerbrechen und falsch wieder zusammengesetzt werden. Krebs wird sehr oft von diesen Fusionsproteinen angetrieben. Studiert man sie funktionell, kann man viel darüber lernen, welche Vorgänge eine Zelle braucht, um zur Krebszelle zu werden.“ Insgesamt befassen sich aktuelle Forschungsprojekte des Institutes für Medizinische Biochemie vor allem mit Molekularen Mechanismen der Krebsentstehung, aber auch mit Regulationsmechanismen der Immunantwort und neurochemischen Fragestellungen.

Als einen der spannendsten Arbeitsschritte empfindet Florian Grebien jeweils den Auftakt zu einem Projekt: „Die explorative Phase, die einen in ein vielleicht neues Feld führt und in der man versucht herauszufinden, ob eine Hypothese hält oder nicht.“ In der Lehre geht es dem neuen Professor vor allem darum, Studierenden mithilfe von anschaulichen Beispielen ein Grundverständnis der Chemie und der Biochemie zu vermitteln. „Wir können nicht davon ausgehen, dass wir den Großteil der Studierenden der Veterinärmedizin zu ForscherInnen machen. Aber die Chemie bildet in jeglicher Form von Medizin die Grundlage für Vieles.“ Für die Forschungsergebnisse seines Teams wünscht sich Florian Grebien in der Zukunft einen internationalen Nutzen: „Wir wollen mit unserer Arbeit die Überlebensraten von KrebspatientInnen verbessern – dieses Ziel haben wir immer vor Augen.“

 

Dieser Beitrag ist in VETMED 02/2019 erschienen.