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Eine Hernie ist grundsätzlich ein sog. "Bruch" (wie z.B. ein Leistenbruch (=Inguinalhernie)), bei dem es zu einem Vorfall von Organen oder Gewebe aus dem Bauchraum durch eine Öffnung der Muskelschichten kommt.
Die Perinealhernie ist ein solcher Vorfall, der im Perineum oder Damm auftritt, das ist das Gebiet zwischen dem After und den äußeren Geschlechtsorganen. Durch eine Schwächung der dortigen Muskulatur, dem sogenannten Diaphragma pelvis, welches den Enddarm seitlich unterstützt, kommt es zu einer Ausbuchtung des Enddarms auf die Seite hin, bzw. bei fortgeschrittenen Fällen zum Vorfall von Fettgewebe und Bauch- bzw. Beckenorganen (Dünndarm, Harnblase, Prostata) unter die Haut.
Die Perinealhernie kommt hauptsächlich bei Hunden in mittleren/älteren Jahren vor, bei Katzen ist sie sehr selten. Bei den Hunden sind in über 90% der Fälle unkastrierte Rüden und besonders häufig die Rassen Boston Terrier, Welsh Corgie, Pekinese, Collie, Boxer, Pudel, Dackel, Kelpie und Old English Sheepdog betroffen.
Weibliche Tiere haben ein stärker ausgeprägtes Diaphragma pelvis, das ist der Grund warum Hündinnen ausgesprochen selten an einer Perinealhernie erkranken.

Wissenswertes

Das erste Anzeichen, das Ihnen bei Ihrem Tier auffallen wird, sind deutliches Pressen, sowie Schwierigkeiten und evtl. Schmerzen beim Kotabsatz. Durch die zuvor beschriebene Ausbuchtung des Enddarms, kommt es in diesem Bereich leicht zu Kotanschoppungen, wodurch der Kot eingedickt und dessen Absatz erschwert wird. Zusätzlich entsteht – durch den Vorfall von Fettgewebe und Organen -  im Dammbereich eine weiche Schwellung unterschiedlicher Größe, die ein- oder beidseitig auftreten kann.
Alarmierend wird die Situation für Ihr Tier, wenn es nicht nur keinen Kot sondern auch keinen Harn mehr absetzen kann. Dies kann manchmal bei sehr großen Hernien auftreten, wenn sich die Harnblase nach hinten in den Bruchsack umschlägt. Dadurch kommt es zu einer Abklemmung der Harnröhre und das Tier ist nicht mehr in der Lage zu urinieren. In diesem Fall sollten Sie SOFORT tierärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, da dies ein gefährlicher Zustand für das Tier ist.
Sofort den Tierarzt/die Klinik sollten Sie auch aufsuchen, wenn sich das Allgemeinbefinden Ihres Hundes plötzlich akut verschlechtert und es zusätzlich einen angespannten, schmerzhaften Bauch hat. Das kann evtl. ein Hinweis darauf sein, dass sich eine Darmschlinge in der Hernie eingeklemmt hat, ein Zustand, der sofort operativ behoben werden muß, da es sonst zum Absterben dieses Darmteils kommen kann.

Eine Perinealhernie wird in der Regel bei der klinischen Untersuchung durch rektales Ertasten festgestellt. Zusätzlich wird ein Ultraschall durchgeführt, um evtl. aufgetretene Veränderungen an der Harnblase und/oder Prostata feststellen zu können, sowie ggf. Blut- und Urinuntersuchungen.

Futterumstellung sowie regelmäßiges Ausräumen des angeschoppten Kotes bzw. die Verabreichung von Einläufen beim Tierarzt können das Problem zwar manchmal kurzfristig, aber immer nur vorübergehend lösen. Daher ist bei einer Perinealhernie eine Operation die Therapie der ersten Wahl!

Die Operation wird je nach Schweregrad der Hernie in ein oder zwei Schritten durchgeführt. Wichtig ist in jedem Fall, dass bei einem unkastrierten Rüden in der gleichen Operation auch eine Kastration stattfindet, da es andernfalls viel eher zu einem Wiederauftreten des Krankheitsbildes kommen kann. Ausserdem wird sich die Prostata im Normalfall nach einer Kastration verkleinern, was zu weniger Kot-Pressen führt, was wiederum das Diaphragma pelvis entlastet.
Das Grundprinzip der Operation besteht darin, dass die "Lücke" zwischen den geschwächten Muskeln des Diaphragma pelvis verschlossen wird. Dies wird einerseits mit Nähten erreicht, andererseits bedient man sich auch fast immer eines Muskellappens (M.obturatorius internus), der vom Sitzbein abgehoben wird und als zusätzliche Stütze in den Defekt eingenäht wird. Dadurch erreicht die Muskulatur des Diaphragma pelvis wieder ausreichende Festigkeit und der Enddarm wird somit in seiner Position gehalten.
Bei komplizierten Perinealhernien - dazu zählt man Hernien die entweder sehr groß sind, die beidseits auftreten, bei denen auch andere Organe involviert sind (wie zb die Harnblase oder die Prostata), oder die bereits einmal operiert wurden - wählt man eine zweistufiges Operationsprotokoll. In einer ersten Sitzung wird der Hund kastriert und gleichzeitig die Bauchhöhle eröffnet. Es wird eine sogenannte Colopexie, Vas deferens Pexie sowie ggf. eine Zystopexie durchgeführt, das bedeutet dass der Dickdarm, die Samenstränge und – wenn sie umgeschlagen war – auch die Harnblase, in ihrer Position im Bauchraum an der inneren Bauchwand fixiert, also angenäht werden. Das hat den Vorteil, dass es in weiterer Folge zu keinem Vorfall dieser Organe in den Bruchsack mehr kommen kann. In einer weiteren Operation, die ein paar Tage nach der ersten erfolgt, wird dann die Perinealhernie selbst (wie weiter oben beschrieben) vernäht. Durch die zuvor durchgeführte Colopexie hat man nun mehr Platz und Übersicht im Operationsgebiet, was zu einer kürzeren Operationsdauer und einem geringeren Infektionsrisiko führt.

Nach der Operation kann für einige Tage noch eine schmerzhafte Schwellung an der OP-Stelle bestehen, an der es unter Umständen auch zu einer lokalen Entzündung kommen kann. Das verstärkte Pressen auf Kot kann auch nach der Operation noch für einige Zeit bestehen bleiben, in wenigen Fällen kommt es zu vorrübergehender Kotinkontinenz bzw. Harntröpfeln. Meist bessert sich diese Symptomatik aber nach einigen Tagen wieder. Das Risiko eines Wiederauftretens der Perinealhernie (auch evtl. an der anderen Seite wenn sie nur einseitig vorhanden war) ist trotz Operation gegeben, allerdings kann dieses Risiko durch eine gleichzeitig durchgeführte Kastration, sowie in schweren Fällen durch die Anwendung des oben beschriebenen Zwei-Stufen-OP-Protokolls deutlich reduziert werden.

Nach der Operation bleibt Ihr Tier meistens noch für 2-3 Tage in stationärer Behandlung an der Klinik. Es bekommt Medikamente gegen die postoperativ auftretenden Schmerzen sowie Mittel, die den Stuhl vorrübergehend etwas weicher machen. Damit wird verhindert, dass Ihr Tier vermehrt auf Kot presst, was ihm einerseits nach der Operation Schmerzen bereiten kann und was andererseits den Muskelheilungsprozess im Diaphragma pelvis stören kann.Den Halskragen sollte Ihr Tier bis zur Nahtentfernung tragen. Durch diesen kann das Lecken an der Wunde und eine damit einhergehende Entzündung weitestgehend verhindert werden.In den ersten 2-3 Wochen nach der Operation sollte das Tier ruhig gehalten werden, kurze Spaziergänge an der Leine sind ausreichend. Herumtollen, Springen, Spielen mit anderen Hunden sollte in dieser Zeit untersagt werden, um eine bestmögliche Heilung der Wunden zu gewährleisten.