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Provienzforschung

Restitutionsfall Kuppisch-Schlesinger

 

Die Universitätsbibliothek der Vetmeduni hat mit 2011 begonnen, die Herkunft der Bücher zu erforschen, die während des Nationalsozialismus in ihren Bestand gelangt sind. Die Bestände wurden in einem ersten Schritt einer akribischen Autopsie unterzogen. In 19 der untersuchten Bände fand der Historiker Florian Dandler den Eintrag "a Kuppitsch 18.11.41 = 2M". Externe Quellen und Archive gaben Aufschluss über die Bedeutung der Einträge. Mit Hilfe der Israelitischen Kultusgemeinde und ihrer Dokumentation über die Erbfolge von Arnold Schlesinger - der damalige Inhaber der Buchhandlung Kuppitsch - konnten die rechtmäßigen Erbinnen des Buchhändlers, die beiden Schestern Monika Beer und Zita Seidl, ermittelt werden.

Festakt: Feierliche Restitution

Am 18. Oktober 2016 gab die Vetmeduni in einem feierlichen Festakt schließlich 19 arisierte Bücher an die beiden Schwestern Zita Seidl und Monika Beer die rechtmäßigen Erbinnen zurück.

Rektorin Petra Winter hielt die Eröffnungsrede und strich die Bedeutung der Provinenzforschung für die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialmus hervor. Bibliotheksleiterin Claudia Hausberger und der Historiker Florian Dandler informierten über die gesetzlichen Grundlagen, die Rückgabepraxis in Österreich und die Details des Restitutionsfalls Kuppitsch-Schlesinger. Christina Köstner-Pemsel gab abschließend einen Einblick über die Provinienzforschung Universitätsbibliothek der Uni Wien, die als größte Bibliothek Österreichs.

Mehr über die Geschichte der Buchhandlung Kuppitsch 

Die Buchhandlung Kuppitsch besteht bereits seit dem Jahr 1789, bis 1866 wechselten die Besitzer mehrmals. 1866 trat Arnold Schlesinger als Geschäftsführer in die Firma ein und war ab 1902 der alleinige Inhaber. Im Jahr des Anschlusses Österreichs an das Dritte Reich 1938 hoffte Schlesinger, auf die Arisierung Einfluss nehmen zu können und schloss einen Kaufvertrag mit seinem ersten Gehilfen Franz Unger ab, der Ansprüche auf die Buchhandlung stellte. Der Kaufpreis sollte ursprünglich 44.029 Reichsmark betragen; dieser Preis wurde jedoch mehrmals gedrückt, schlussendlich überwies Franz Unger nur 13.555 Reichsmark auf ein Sperrkonto.

Arnold Schlesinger selbst erhielt nichts von dem Geld und die prekäre finanzielle Lage des Ehepaars Schlesinger war wohl mit ein Grund für den Selbstmord von Arnold Schlesingers Frau Amalie 1939. Ob auch Arnold Schlesinger den Freitod wählte oder in welcher Form er Opfer der Nationalsozialisten geworden ist, konnte nie ganz geklärt werden. Noch im selben Jahr flüchtete ihre Tochter Margarete Günther mit ihrem Mann Otto und den beiden Kindern Zita und Monika ins Ausland. Die Familie lebte bis 1950 in der Schweiz, in Frankreich und in New York. Unmittelbar nach Kriegsende strebte Margarete Günter die Restituierung der väterlichen Firma an, was ihr tatsächlich am 10. September 1948 gelang. 1950 kehrte Familie Günther nach Wien zurück, Margarete und Otto übernahmen die Geschäftsführung der Buchhandlung Kuppitsch. Nach dem Tod von Margarete Günther 1954 führten ihre Töchter Zita Seidl und Monika Beer das Unternehmen weiter, welches sich bis heute im Besitz der Familie befindet und mittlerweile von den Urenkeln Arnold Schlesingers betrieben wird.

Aus: Dandler, F. und Hausberger, C. (2016) „Restitution geraubter Bücher an der Vetmeduni Vienna“Mitteilungen der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare, 69(3-4), S. 476–481. DOI: 10.31263/voebm.v69i3.1735.