- Erinnern als Verantwortung /
- Forschung /
- FWF-Projekt: Die Tierärztliche Hochschule Wien im Nationalsozialismus
Lisa Rettl, geboren 1972 in Klagenfurt/Celovec, arbeitete bis 2020 als freischaffende Historikerin und Ausstellungskuratorin in Wien und Kärnten. Zu ihren Forschungsschwerpunkten – Geschichte des Nationalsozialismus, Erinnerungskultur, Minderheitenpolitik und antifaschistischer Widerstand, Wissenschafts- und Universitätsgeschichte – erschienen zahlreiche Bücher, Aufsätze und Sammelbände.
Neben Vorträgen und Lehrtätigkeit an der Universität Klagenfurt kuratierte sie ab 2004 mit ihrem Team regelmäßig Ausstellungen zu verschiedenen zeitgeschichtlichen Themen, darunter für die Stadt Villach und das Wien Museum. 2008/09 fungierte sie als Mitglied des internationalen Kuratorenteams der viel beachteten Wanderausstellung „Was damals Recht war“ Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht. In diesem Zeitraum produzierte sie auch mit der Regisseurin Jenny Gand den biografischen Dokumentarfilm Wilde Minze, der 2010 seinen österreichischen Kinostart erlebte. Im selben Jahr erschien die mit ihrem Kollegen Peter Pirker verfasste biografische Studie zu dem aus Kärnten stammenden KZ-Arzt Sigbert Ramsauer – eine medizingeschichtliche und rechtshistorische Zeitgeschichtsstudie, die in Rezensionen auf internationaler Ebene vielfach gewürdigt wurde. 2011/12 übernahm sie die Leitung und Konzeption des Projekts Neugestaltung des Museums Peršmanhof – ein Museum zur Kärntner Widerstandsgeschichte, das 2012 eröffnet wurde und wo sich die Zahl der Besucher:innen seither verzehnfacht hat. 2014 folgte zum Thema Peršmanhof eine umfangreiche Schwerpunktpublikation (mit Gudrun Blohberger) zu dem hier begangenen Kriegsverbrechen. Ein weiteres Jahr später erschien als Resultat ihres Forschungsprojekts „Deserteure“ eine Biografie zu dem Wehrmachtsdeserteur Richard Wadani (gem. mit Magnus Koch), ferner zahlreiche Artikel zu Frauen im Widerstand.
Von 2014 bis 2018 leitete Lisa Rettl das FWF-Projekt „Die Tierärztliche Hochschule im Nationalsozialismus“ (peer-reviewed), wo sie mit ihren Mitarbeiter:innen wissenschaftsgeschichtliches Neuland erschloss: Zwei Monografien zur Geschichte der Tierärztlichen Hochschule (Wallstein Verlag, 2018 und 2019) gingen aus diesem Projekt hervor.
Für ihre wissenschaftliche Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet: im Jahr 2000 mit dem Würdigungspreis der Universität Klagenfurt, 2002 mit dem Theodor-Körner-Preis und 2008 nochmals mit dem Theodor-Körner-Preis für Kuratorentätigkeit; im Dezember 2012 erhielt sie den Preis für Geistes- und Sozialwissenschaften des Landes Kärnten, im Juni 2015 gemeinsam mit Gudrun Blohberger den Hans-Maršalek Preis. Seit 2018 ist sie Vorsitzende des Fachbeirats für Wissenschaft des Kärntner Kulturgremiums.
Seit 2019 lebt Lisa Rettl in Kärnten, wo sie eine bio-zertifizierte Landwirtschaft mit Fokus Kräuteranbau und -verarbeitung führt.
... Diese Hochschule war damit zwar eine der letzten Unis in Österreich, die sich der eigenen NS-Geschichte stellten. Die Aufarbeitung durch das Team um Rettl erfolgte dafür umso gründlicher und setzt durchaus für andere Unis Maßstäbe ...
Tageszeitung „Der Standard“ am 18. September 2019