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Abschließend noch eine kurze Übersicht zu den unterschiedlichen Meinungen zu Telemedizin bei Tierärzt:innen

*Gründe für mangelnde Attraktivität des Veterinärmediziner:innen-Berufs*

  1. Arbeitsbelastung und Arbeitszeiten: Die Arbeit in der Nutztierpraxis erfordert oft lange Arbeitszeiten und ständige Bereitschaft (Wochenend- und Nachtarbeit) sowie eine hohe körperliche Belastung. Das wiederum wirkt sich auch auf das Spannungsverhältnis Familie und Beruf aus.
    Speziell für Frauen ist der Beruf am Land eine Herausforderung. Wenn Tierärzt:innen Kinder haben, ist die Ausübung von Nachtdiensten und Wochenenddiensten schwierig oder in einigen Fällen unmöglich. Zudem gaben einige Tierärztinnen zu Protokoll, dass die Arbeit körperlich anstrengend sei und sie deshalb den Beruf nicht lange ausüben wollen und lieber in die Kleintierpraxis wechseln möchten.
     
  2. Anstehende Pensionierungswelle und Praxen ohne Nachfolge verschärfen Problem der hohen Arbeitsbelastung.
     
  3. Unattraktive Einkommensmöglichkeiten: Die Bezahlung in der Kleintierpraxis ist in der Regel höher als in der Nutztierpraxis.  
     
  4. Tendenz zum Angestelltenverhältnis reduziert die einsetzbaren Ressourcen im Nutztierbereich. Die Praxisstruktur spielt also eine wesentliche Rolle:
    ‘Einzelkämpfer‘-Praxen mit nur einem Tierarzt haben große oder auch nicht lösbare Probleme mit der Umsetzung von Wochenend- , Abend- und Nachtdiensten. Selbständigkeit ist für junge Tierärzt:innen wenig attraktiv, sie möchten lieber in einer Praxis angestellt sein (mit festen Dienstzeiten) als eine Praxis unternehmerisch zu leiten.
    Praxen mit 2 bis 10 Tierärzt:innen sind auch flexibler im Management von Ressourcen für kurzfristige bzw. ungeplante Einsätze. Der zunehmende administrative Aufwand für Tierarztpraxen favorisiert zusätzlich größere Praxen.
     
  5. Städtische Attraktivität der Kleintierpraxen vs. ländliche Abgeschiedenheit der Nutztierpraxen. Die Logistik wird zunehmend relevant. Denn durch die Abnahme der Anzahl der Tierärzt:innen sind Landwirt:innen in entfernten Gebieten zunehmend benachteiligt, weil Tierärzt:innen teilweise nicht mehr verfügbar sind oder sehr lange Anfahrzeiten haben. Dadurch kommt es auch bei den verbleibenden Tierärzt:innen zu höheren Fahrtzeiten und geringeren Arbeitszeiten.

    Hierzu ein konkretes Beispiel:
    Laut Aufzeichnung eines Tierarztes hatte dieser vor 20 Jahren ca. 1/3 seiner Zeit mit Dienstfahrten verbracht (unproduktive Zeit), und 2/3 mit Arbeit bei dem/der Landwirt:in (produktive Zeit). Nun hat sich dieses Verhältnis genau umgekehrt, seine Effizienz ist nach seinen Angaben um 50 % gesunken aufgrund der Veränderung seiner Kundschaft.
     
  6. Verfügbarkeit digitaler Technologien und Arbeitsformen eher in modernen Kleintierpraxen gegeben. Bereits jetzt werden Digitalisierungslösungen akzeptiert:
    So wird z.B. das Handy zunehmend zum wichtigen Instrument für die Landwirt:innen, für die Steuerung der Prozesse (wie Fütterung) im Stall und Messung von Parametern wie z. B. Milchleistung, Kommunikation mit der/dem Tierärzt:in, ...
    Eine Anbindung an bestehende Systeme ist möglich. Der Ausbau des Handys als Kommunikationsmedium erscheint also sehr praktisch und zielführend.

    Zugleich gibt es aber auch Bedenken:
    Der Tierarztberuf hat in den letzten Jahren an sozialem Status eingebüßt, und Tierärzt:innen haben (berechtigt oder nicht) zunehmend die Sorge, ersetzt zu werden (Landwirt:innen können mehr selber erledigen, Telemedizin kann jede/r andere Tierärzt:in erledigen, ...)
    Die Sorge, dass die Tierärztliche Versorgung an Qualität verlieren könnte, ist da.
    Das bedeutet, dass weitere Vorteile von Digitalisierungslösungen klar kommuniziert werden müssen, z.B. Fernunterstützung beim Einsatz.
     
  7. Datenintegration wird immer wichtiger:
    Die Landwirt:innen und die Tierärzt:innen, sowie Behörden, Interessensvertretungen und Firmen, leiten ihre Entscheidungen von den verfügbaren Daten ab.
    Die Herausforderung ist sehr oft, dass die Datenquellen nicht vernetzt sind, dadurch ist manuelle Arbeit für die Auswertung der Daten notwendig, die fehlerhaft, langsam und teuer ist.
    Ein zentrales Thema für die Systemlogik ist und wird zunehmend sein, die vorhandenen Datenquellen zweckorientiert zu integrieren, und standardisierte Schnittstellen zu definieren.
    Weiters ist die automatisierte Auswertung notwendig, z.B. für Monitoring und Erkennung von Anomalien, und automatisierte Informationsweiterleitung an die betroffenen Nutzer:innen.
     
  8. Gesellschaftlicher Wertewandel mit Distanz zur Nutztierhaltung sowie verändertes Wertesystem in Bezug auf Unselbstständigkeit und Work-Life-Balance.
     
  9. Fachliche Interessen an Kleintierbereich ist höher als im Nutztierbereich.