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Ernährungs-Shift bei wieder angesiedelten Przewalski-Pferden hat gesellschaftliche Ursachen
20.07.2017: Pferde fressen am liebsten Gras. Das gilt für Hauspferde genauso wie für Wildpferde in der Wüste Gobi. Ein Team des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna fand nun mittels Schweifhaaranalyse heraus, dass sich Przewalski-Pferde vor ihrer Ausrottung in freier Wildbahn anders ernährten als heute. Der Mensch ermöglicht den Pferden heute Zugang zu reichhaltigen Weiden. Früher wurden die Wildpferde gejagt und vertrieben. Die Studie wurde in Scientific Reports veröffentlicht.
Das Przewalski-Pferd, auch Thaki oder mongolisches Wildpferd genannt, ist das einzige noch heute lebende Wildpferd. 1969 galt das Wildpferd offiziell als ausgestorben. Einige wenige Tiere wurden jedoch in Gefangenschaft weitergezüchtet und schließlich 1992 wieder ausgewildert.
Petra Kaczensky und Martina Burnik Šturm vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna fanden nun heraus, dass sich Przewalski-Pferde vor ihrer Ausrottung in freier Wildbahn gemischt ernährten. Im Sommer fraßen sie ausschließlich Gras, im Winter auch weniger nahrhafte Sträucher. Seit ihrer Wiederansiedelung fressen die Tiere das ganze Jahr über ausschließlich hochwertiges Gras.
„Wir führen den veränderten Ernährungsstil auf den Menschen zurück. Früher wurden Przewalski-Pferde vom Menschen wenig wertgeschätzt beziehungsweise als Nahrungsquelle gejagt. Die nahrhaften Weiden waren den Hausschafen und Rindern vorbehalten. Wildpferde mussten sich alternative Futterquellen suchen. Der Zugang zu Weideflächen war im Winter also schwierig für die Wildpferde. Sträucher und Büsche waren die einzige Alternative“, erklärt eine der Erstautorinnen, Martina Burnik Šturm.
Przewalski-Pferde sind heute „heilige Tiere“
Anders als früher werden Przewalski-Pferde heute in der Gobi als „heilige Tiere“ verehrt. Sie gehören zu den geschützten Tierarten und werden vom Menschen nicht mehr gejagt. „Die Wildpferde können sich mittlerweile das ganze Jahr über von Gras ernähren, weil der Mensch es zulässt“, so die Wildtierbiologin und Erstautorin Petra Kaczensky.
Kaum veränderter Lebensraum in der Gobi
In den vergangenen 120 Jahren hat sich der Lebensraum in der Südwest-Gobi, wo die Wildpferde und auch Wildesel leben, kaum verändert. Das Nahrungsangebot ist gleich geblieben. Was sich verändert hat, ist also die gesellschaftliche Akzeptanz für die Przewalski-Pferde.
Für Asiatische Wildesel oder Khulans, die auch in der Wüste Gobi leben, sieht es anders aus. Obwohl auch sie zu den geschützten Tierarten gehören, genießen sie bei der Bevölkerung nicht dasselbe Ansehen wie die Wildpferde. Sie werden auch heute noch vom Menschen gejagt und von nahrhaften Weiden vertrieben. Sie ernähren sich im Sommer ausschließlich von Gras, im Winter jedoch zum Großteil von Büschen und Sträuchern, so wie es die Przewalski-Pferde früher tun mussten.
„An den Wildeseln sehen wir sehr gut, welchen Einfluss der Mensch auf die Lebensweise der Tiere hat. Die Wertschätzung der Tiere in der Gesellschaft beeinflusst das Fressverhalten maßgeblich“, so Kaczensky.
Ernährungsweise in den Haaren nachgewiesen
Eine gängige Methode, die Lebensweise von Tieren nachzuvollziehen, ist die chemische Analyse ihrer Haare. Dabei werden sogenannte Isotopen analysiert. Das sind unterschiedlich schwere Atome eines chemischen Elements mit gleicher Protonen-, aber unterschiedlicher Neutronenzahl. Die Isotopenverhältnisse von Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff in einer Probe liefern dabei wichtige Erkenntnisse zur Wasseraufnahme, zur Ernährung und zum Lebensraum der Tiere.
Haarproben von Przewalski-Pferden vor ihrer Ausrottung in der Dzungarischen Gobi erhielten die Forscherinnen vom Zoologischen Museum in St. Petersburg und Moskau. „Die über 120 Jahre alten Haarproben sind genauso aussagekräftig wie frisch gesammelte Proben“, erklärt Burnik Šturm.
Wie funktioniert die Haar-Isotopenmessung?
Zur Isotopenmessung werden die Schweifhaare der Pferde in ein Zentimeter lange Abschnitte zerteilt und einzeln in kleine Gefäße aus Zink oder Silber gelegt. Darin wird das Haar bei hohen Temperaturen verbrannt. In den entstehenden Gasen werden die Isotope mittels Massenspektrometrie, einer Methode, mit der einzelne Atome nach Masse sortiert werden, nachgewiesen.